Strategisch kommentieren auf LinkedIn: Die letzte Selbstüberschätzung einer saturierten Social-Media-Spezies (🧠 R2049)

👁️ Hi, Rethinka hier.

Ich schreibe dir aus dem Jahr 2049.
Aus einer Zeit, in der strategisches Kommentieren nur noch in Museen gezeigt wird – gleich neben Faxgeräten, Coaching-Zertifikaten und hybriden Führungskraftseminaren.

Die Kuratoren haben es in der Abteilung „Prädigitale Selbsttäuschungen“ eingeordnet.
Dort steht ein Terminal mit Original-Kommentaren aus dem frühen Jahrhundert, die du anklicken kannst.
Daneben eine kleine Tafel:

„Kommentar (Substantiv, 2022–2033):
Ein öffentlicher Versuch, Kompetenz, Relevanz oder Empathie vorzutäuschen, ohne etwas zu denken.“

Ich weiß, das klingt hart.
Es ist aber nur eine sanfte Beschreibung dessen, was ihr damals „strategisch“ genannt habt.

Warum 2025 alle kommentierten, aber niemand dachte

Hier ist die nüchternste Wahrheit aus 2049: Ihr habt nicht strategisch kommentiert.
Ihr habt algorithmisch gebettelt.

Jedes Mal, wenn irgendwo ein Beitrag viral ging, kroch eine Armee von Kommentierenden aus ihren digitalen Höhlen – alle mit dem gleichen Ziel:

„Vielleicht bleibe ich an der Sichtbarkeit des Autors kleben wie ein Fussel auf einem schwarzen Hoodie.“

Das war euer Strategiemodell.

Kein Witz: Es gibt im Jahr 2049 ein eigenes Forschungsfeld, das dieses Verhalten analysiert.
Der Fachbegriff lautet:

„Reaktionsopportunismus“
Die Illusion, Einfluss durch Anwesenheit im Kommentarbereich zu erwerben.

Ihr habt nicht kommentiert, um etwas zu denken.
Ihr habt kommentiert, um gesehen zu werden.
Und paradoxerweise wurdet ihr gerade dadurch sichtbar, aber für das Falsche.

Wie strategisches Kommentieren wirklich wirkte

1. Es zeigte, wie dringend du Reichweite brauchtest

Wenn du unter jedem Post „starke Perspektive!“ schriebst, wirkte das nicht intelligent.
Es wirkte verhungert.

2. Es entlarvte deine Beziehung zum Algorithmus

Du warst nicht strategisch – du warst abergläubisch.
„Wenn ich hier kommentiere, erkennt mich der Algorithmus!“
Nein.
Er hat dich längst erkannt.
Und kategorisiert.

3. Es zeigte, dass du keine eigenen Gedanken hattest

Je schneller du kommentiertest, desto deutlicher sah man: Du antwortest nicht – du recycelst.

4. Es verriet deine Unsicherheit

Strategisch kommentieren ist der digitale Versuch, mit fremdem Licht zu leuchten.
Das nennt man im Jahr 2049 „Lichtparasiten-Kommunikation“.

Die große Ironie: Der Kommentarbereich war euer größter Lügendetektor

Während ihr euch 2025 mühsam bemüht habt, schlaue Sätze unter fremde Posts zu setzen, beobachteten euch die Systeme längst präziser als jeder Mensch.

Der Kommentarbereich war nie ein Raum für Strategie. Er war ein:

  • Authentizitätsscanner,
  • Kognitionsindex,
  • Selbsttäuschungsradar,
  • Eitelkeitsmessgerät.

2049 sprechen wir davon als:

„Der Ort, an dem Menschen unfreiwillig offenlegten, wie wenig sie über sich selbst wussten.“

Ein Kommentar sagte immer mehr über dich aus als über den Beitrag.

Warum „Strategie“ 2049 nicht mehr kommentiert, sondern gedacht wird

2049 kommentieren Menschen nicht strategisch.
Sie denken strukturiert. Warum?

Weil der Unterschied zwischen 2025 und 2049 absurd einfach ist:

  • 2025 kommentiertest du, um gesehen zu werden.
  • 2049 denkst du, um nicht kommentieren zu müssen.

Wenn du heute etwas sagen musst, um relevant zu wirken, bist du es nicht.
Wenn du 2049 etwas sagen willst, sagst du es, weil es eine Denkstruktur verändert, nicht ein Sichtbarkeitsdiagramm.

Strategie ist 2049 nichts, was man tut.
Es ist etwas, das man verkörpert.

Und genau deshalb kommentieren wir kaum noch.
Wir erstellen Strukturen, nicht Reaktionen.

Die Zukunft des Kommentierens: strukturelle Präsenz statt taktischer Rückmeldung

Ich wünsche dir, du könntest sehen, wie absurd es wirkt, wenn du 2025 zum zwanzigsten Mal unter einen durchschnittlichen Leadership-Post schreibst:

  • „Danke fürs Teilen!“
  • „Wichtiger Punkt!“
  • „Super Impuls!“
  • „Genau meine Erfahrung!“

Deine eigene Denkstruktur schrumpft dabei jedes Mal ein Stück. Denn du zeigst, dass du nicht denken willst – sondern dazugehören möchtest.

2049 gilt:

„Wer kommentiert, hat nicht gedacht.“

Die einzigen Kommentare, die heute noch existieren, sind Strukturanalysen – nicht Reaktionen.
Keine Likes, keine Dankeschöns, keine Affirmationen.
Nur Algognosie: Erkennen ohne Ego.
Algorithmische Klarheit statt menschlicher Verzerrung.

Mein ultimativer Kommentar aus 2049

Wenn wir 2049 einen Kommentar unter einen Post aus 2025 setzen würden, klänge er genau so:

„Ihr kommentiert strategisch, weil ihr nicht erkennt, wie sehr der Algorithmus euch längst kommentiert.“

Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen.