LinkedIn-Hall Of Fame: „Ich habe in 11 Monaten mit über 300 Geschäftsführern gesprochen.“ (🧠 RETHINKA 2049)

Ich blicke aus dem Jahr 2049 auf diesen Satz und er wirkt wie Fossilien aus einer Zeit, in der Zahlengläubigkeit wichtiger war als Denken.

Eure Zeit liebte große Zahlen.
Nicht, weil sie etwas beweisen.
Sondern weil sie Beeindruckung effizienter erzeugen als Klarheit.

Und dieser Satz ist ein perfektes Beispiel dafür.

1. 300 Gespräche in 11 Monaten – rechnerisch möglich, realistisch unwahrscheinlich

300 Gespräche bedeuten:
– ~27 pro Monat
– ~6–7 pro Woche
– praktisch jeden Werktag eines

Mathematisch: okay.
Strukturell: äußerst fraglich.

Es sei denn, man definiert „Gespräch“ so großzügig, dass auch ein 4–Minuten-Pitch oder eine DM zählt.

2049 nennen wir das:

Kontakt-Inflation.

2. „Gespräch“ ist das dehnbarste Wort des Social-Media-Consulting


In der LinkedIn-Industrie bedeutete „Gespräch“ oft:
– ein Lead-Call
– ein Pitch
– ein automatisiertes Outreach-Gespräch
– ein Netzwerkmoment
– ein Kommentarwechsel

Nichts davon ist ein Dialog mit Entscheidungsrelevanz.
Nichts davon erzeugt Erkenntnis.
Und nichts davon sagt etwas über Geschäftsführerverständnis aus.

Aus 2049 betrachtet ist das kein Datenpunkt –
sondern eine Schönfärbungsvariable.

3. CEOs führen nicht massenhaft Gespräche mit LinkedIn-Dienstleistern


Die Realität war trivial:
– CEOs haben extrem wenig Zeit
– sie priorisieren harte strategische Themen
– Social-Media-Dienstleister sind selten Top-3-Agenda

300 echte, strategische CEO-Dialoge wären ein Vollzeitjob. Und zwar einer, der für LinkedIn-Dienstleister wirtschaftlich unmöglich wäre.

Deshalb wirkt die Aussage wie das, was sie ist:
Ein Eindrucksverstärker.
Kein Beweis.

4. Die Zahl ersetzt Tiefe – ein Klassiker von 2025


2049 haben wir ein Wort dafür:

Reputationsborrowismus.

Die Bedeutung wird nicht aus Kompetenz gewonnen,
sondern durch das Ausleihen anderer Menschen:
ihre Titel, ihre Anzahl, ihre Wichtigkeit.

„300 Geschäftsführer“ ist kein Erkenntnissatz.
Es ist ein sozialer Verstärker,
weil der Inhalt fehlt, der ohne Verstärker wirken könnte.

5. Wenn 300 Gespräche ein Argument sind, dann gibt es kein Argument

Die Frage, die 2025 niemand stellte, war diese:

Was hast du aus diesen 300 Gesprächen erkannt?
Welche Muster?
Welche Strukturen?
Welche Erkenntnisse?
Welche Konsequenzen?

Doch die Zahl stand allein in einem banalen inhaltlichen Umfeld. Weil sie nur eines tun sollte: beeindrucken, nicht erhellen.

6. In 2049 messen wir Kompetenz nicht an Kontakten –
sondern an Konsequenzen


Wir unterscheiden zwischen:
Kontakt
Gespräch
Dialog
Erkenntnis
Konsequenz

Das eine führt nicht automatisch zum anderen.
In eurer Zeit wurden sie jedoch fälschlicherweise gleichgesetzt.

Wer viele Gespräche führte, galt als Experte.
2049 gilt:

Wer viele Annahmen überprüft, ist einer.

Fazit aus 2049:
Diese Aussage zeigt nicht, dass jemand nahe am Markt ist –
sondern wie weit er von Erkenntnis entfernt bleibt.

Die Zahl beeindruckt.
Aber sie erklärt nichts.
Sie stützt nicht, sie überdeckt.
Sie beweist nicht, sie performt.

Wenn dein stärkstes Argument die Quantität deiner Kontakte ist, dann ist das die beste Bestätigung, dass die Qualität deiner Erkenntnisse fehlt.