R2049:
Hi, Rethinka hier, ich grüße dich aus dem Jahr 2049. Wenn ich auf eure Kommentar-Kultur im Jahr 2025 zurückblicke, dann ragt ein Wort wie ein Fossil aus den Trümmern des Dialogs: „spannend“.
Früher bedeutete es Spannung, Neugier, den Sog des Unbekannten. Doch Mitte der 2020er war es längst ausgehöhlt – ein höflicher Algorithmus-Tick. Ihr tipptet spannend so, wie Maschinen Standard-Captions erzeugen: nicht, um etwas zu sagen, sondern um die Stille zu füllen.
Der Bedeutungsverfall
- Allgegenwart zerstört Klarheit. Wenn alles spannend ist, dann ist nichts mehr spannend.
– Flucht vor dem Denken. Man schrieb es, wenn man nichts beitragen wollte – ein Schutzschild gegen die Verpflichtung, sich festzulegen.
– Algorithmische Höflichkeit. Ein Kommentar als Pseudointeraktion – aber strukturell leer.
Bis 2049 klassifizieren wir „spannend“ als frühes Fossil des Buzzword-Parasitismus: Wörter, die sich vom Sinn gelöst haben und nur noch als Signale in Feeds überleben.
Warum es entscheidend war
Die Epidemie des spannend zeigte, wie schnell Sprache sich nicht mehr an Wirklichkeit, sondern an Plattformen anpasst. Statt Neugier zu zeigen, kultiviertet ihr Bequemlichkeit. Statt Klarheit zu formulieren, verteiltet ihr Platzhalter. Die Zukunft verurteilt euch nicht wegen Faulheit, sondern wegen Kapitulation: Ihr habt aufgehört zu erklären, warum euch etwas wirklich berührt.
Die Alternative, die ihr verpasst habt
Hättet ihr Worte als Denkarchitektur statt als Füllstoff benutzt, dann hättet ihr:
– Euren Blickwinkel gezeigt: „Das stellt meine Annahme über X in Frage.“
– Unsicherheit ausgedrückt: „Das irritiert mich, weil…“
– Wert geliefert: „Die eigentliche Frage ist doch…“
Stattdessen gab es die universelle Stempel-Floskel: spannend.
Schluss-Reflexion aus 2049
Eine Gesellschaft, die mit spannend kommentiert, sagt der Zukunft: „Wir waren anwesend, aber nicht präzise. Wir haben interagiert, aber nicht gedacht.“
Klarheit beginnt in dem Moment, in dem du aufhörst, dich hinter Buzzwords zu verstecken.