Worum es geht
Digital-Lösungen können die Schnelligkeit von Prozessen erhöhen, Arbeiten automatisieren, große Datenmengen handhabbar machen und komplexe Entscheidungen unterstützen. Ihr im Arbeitsalltag realisierbarer Nutzen hängt jedoch von den Management-Fähigkeiten der Anwender ab, da die Digitalisierung zu neuen Prozessen führt und modifizierte Strukturen benötigt. Doch hiermit sind viele Akteure überfordert, da sie schon das Management der Gegenwart kaum beherrschen.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung
Wenn in Berichten und Vorträgen die Vorteile der Digitalisierung thematisiert werden, basiert ihre Darstellung auf der Annahme, dass die für ihren Einsatz in Frage kommenden Akteure rational handeln und die Lösungen auf funktionierende Arbeits-Systeme treffen. Aber die Realität ist hiervon weit entfern. Ein Beispiel ist die elektronische Arztbrief-Übermittlung. Sie zielt darauf ab, die Bereitstellung der Informationen für die Weiterbetreuung der Patienten in Arztpraxen zu verbessern. Der tatsächliche Nutzen für die Versorgung ist bislang jedoch nur gering, denn die technische Übermittlung funktioniert zwar sehr schnell, an den beiden Schwachpunkte von Arztbriefen – dem Bereitstellungs-Zeitpunkt der Informationen und Empfänger-gerechten Inhalten – hat sich bislang kaum etwas geändert. Der Grund sind vor allem Management-Probleme in den Bereichen „Organisation“ und „Kommunikation“.
Management-Insuffizienz am Beispiel der ambulanten Medizin
Der Nutzen technischer Lösungen hängt in seiner Ausprägung immer von den Fähigkeiten der Anwender ab. Das gilt umso mehr, wenn die Konzepte zu Veränderungen existierender Prozessen und Strukturen führen. Die Transformation hat hier weitreichende Effekte, obwohl der größte Teil der potenziellen Nutzer davon ausgeht, dass Digital-Lösungen Bestehendes lediglich ersetzen oder als Zusätze ohne größeren Einfluss auf die bestehende Situation wirken. Doch das ist ein Irrtum, schon Begriff „Transformation“ zeigt, worum es geht.
Das grundsätzliche Management-Know-how ist im Gesundheitswesen nur gering ausgeprägt. So setzen z. B. Haus- und Fachärzte gegenwärtig die Hälfte der Management-Instrumente, die einen reibungslos funktionierenden Arbeitsalltag gewährleisten, gar nicht ein. Aber digitale Lösungen benötigen – wie jede andere Neuerung, die in Betriebsabläufe integriert wird – eine weitgehend stabile Grundlage, um ihre Effekte überhaupt entfalten zu können.
Ebenso finden sich in anderen Bereichen des Gesundheitswesen derartige – graduell unterschiedliche – Defizite. Die Liste der fehlenden Fähigkeiten ist lang und reicht von der Strategie-Entwicklung über professionelle Organisation und Personalführung bis hin zum Einsatz betriebswirtschaftlicher Hilfsmittel. Doch ohne entsprechendes Know-how ist es z. B. auch gar nicht möglich, Angebots-Alternativen im Hinblick auf mögliche Zukunfts-Chancen zu vergleichen und Investitions-Abschätzungen vorzunehmen. Noch geringer ausgeprägt sind das Wissen und die Fähigkeiten zur Einführung von Innovationen.
Fazit
Damit ist die Management-Qualität der Flaschenhals für die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Soll die Transformation schnell zu einer umfassenden Verbesserung der Versorgungsqualität führen und dazu beitragen, Effizienz und Produktivität zu erhöhen, ist eine Management-Professionalisierung der Akteure der erste Schritt. Sie ist auch die Voraussetzung dafür, von den Erfahrungen in anderen Ländern profitieren zu können.
©Klaus-Dieter Thill / IFABS
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Thill, Klaus-Dieter: (Titel), IFABS: BENCHMARK!, (Publikations-Datum des Beitrags)
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