Worum es geht
Vertriebs-Gesamtleiter und Area-Manager nutzen zu wenig die Vorteile von Think-Tanks.
Die Vorteile
In der Definition als Expertengremium und Ideenschmiede übernehmen auch Zusammenkünfte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus verschiedenen Unternehmens-Abteilungen, bei Bedarf ergänzt durch externe Teilnehmer, die Funktion von Think-Tanks. Eines der Einsatz-Ziele dieses Instruments ist bei der Nutzung durch Vertriebsteams, ein besseres Verständnis für die Kunden und für diejenigen Aspekte zu erreichen, die für das notwendige Wachstum benötigt werden. Mit Think-Tanks Hilfe lassen sich potenzielle Probleme, ihre Lösungen und natürlich auch bislang ungenutzte Chancen identifizieren.
Sie sind aber nicht nur für die Entwicklung von Inhalten wichtig, sondern auch für die Schaffung von Vernetzungsmöglichkeiten sowie für das Lernen der Teilnehmer untereinander. Voraussetzung der Wirksamkeit ist, dass die Zusammenkünfte regelmäßig und strukturiert erfolgen.
Die Ideenfindung ist Sache des Managements
Doch die meisten Außendienst- und Regional-Leiter sind der Meinung, dass der Vertrieb ein derartiges Instrument nicht benötigt und die Zeit der Mitarbeiter vor Ort besser verwendet wird als in Meetings. Diese weitverbreitete Grundhaltung repräsentiert eine etablierte, fast schon traditionelle Aufgaben- und Rollenverteilung in Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen:
Think-Tanks sind Organisationsformen, die sich mit der Bearbeitung zukunftsgerichteter Themen beschäftigen, Außendienste sind Unternehmens-Einheiten, die sich um das operative Geschäft kümmern und schon von den Zielhorizonten, die ihre Tätigkeit leiten, eher kurzfristige Perspektiven verfolgen.
Der Vertrieb hat diese Position widerstandslos angenommen und versucht auch außerhalb derartiger Institutionalisierungen kaum, durch eigene Ideen und Input Marketing-Konzepte, Maßnahmen oder kundenbezogene Entscheidungen substanziell mitzugestalten.
Der Vertrieb kann Schlüsselinformationen ermitteln
So werden Ideen und Zukunfts-Szenarien im Management entwickelt, meist auf Marktforschungs-Untersuchungen mit kleinem Stichproben-Umfang basierend und unterstützt durch die Ansichten einiger Meinungsbildner.
Weitgehend ungenutzt bleibt die Möglichkeit, systematisch und ohne großen Aufwand auf der Basis repräsentativer und direkter Zielpersonen-Kontakt zu deutlich dichteren, intensiveren und vor allem realitätsbezogenen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen zu gelangen.
Die Haupt-Tätigkeit des Außendienstes wird hierdurch – wie entsprechende Projekte zeigen – kapazitär aber gar nicht berührt. Mithilfe eines minimalen Organisation-Aufwandes lassen sich in Echtzeit Mikro-Trends erkennen, Anforderungen generieren und bislang ungenutzte Chancen identifizieren.
Ein Perspektiv-Wechsel kann helfen
Doch solange Zukunfts-Kompetenz keine gewünschte Fähigkeit, sondern ein Machtfaktor ist und Vertriebsleiter hiergegen nicht mit systematisch und kontinuierlich ermitteltem, qualitativ hochwertigem Input angehen, wird sich die Situation nicht verändern. Vielleicht hilft ein Perspektiv-Wechsel, bei dem das Management als lohnender, aber schwieriger Kunde für die eigenen Ideen gesehen wird, den man mit Fakten und vor allem mit Durchhaltevermögen für sich gewinnen kann.
Beispiel „Pharma“: Think-Tanks als Arbeitsprinzip
Das Beispiel eines Pharma-Außendienststabes demonstriert das aktivierbare Potenzial des Think Tank-Prinzips. Zweimal pro Jahr werden auf Initiative des Vertriebs in fünf Think-Tanks unter Beteiligung von Marketing, Produktmanagement und Medizinisch-Wissenschaftlicher Abteilung Brainstormings durchgeführt. Ihre Inhalte beziehen sich auf die Entwicklung der Kundenbeziehung, die Angebots- und Leistungsinhalte und auf die Kooperation untereinander. Anschließend erfolgt nach einem von den Beteiligten selbst entwickelten Bewertungsschema eine Auswahl der Ideen, die als realisierungsfähig angesehen werden. Diese werden dann per Mindmaps in Bezug auf eine praktische Umsetzung aufgearbeitet und in die unternehmensinternen Entscheidungsgremien eingebracht.
Messbarer Nutzen
Pro Jahr resultieren aus diesem Vorgehen durchschnittlich mehr als hundert tragfähige Ideen, von denen etwa die Hälfte auch tatsächlich den Realitäts-Test besteht. Aus Sicht der Beteiligten erhöht dieses Vorgehen nicht nur die Marktnähe der gesamten Unternehmenstätigkeit, sondern führt auch aufgrund einer deutlich verbesserten Zusammenarbeit zu einer größeren Flexibilität bei der Kundenbetreuung. Betrug der CQS (Customer Care Quality Score, d. h. das Verhältnis der erzielten Arztzufriedenheit mit der Betreuung in Relation zu den Anforderungen, Optimum =100%) vor Einführung der Think-Tanks 61,3%, lag er anderthalb Jahre später bei 84,6%.
