Betriebswirtschaft: Support für den ärztlichen Arbeitsalltag

Worum es geht

„Ich bin Mediziner und kein Geschäftsmann!“: Ärzte haben ein äußerst distantes Verhältnis zum Begriff „Betriebswirtschaft“. Das liegt hauptsächlich an einem profunden Fehlverständnis, den die meisten assoziieren hiermit allein das Finanzmanagement („…darum kümmert sich mein Steuerberater…“), eine primär monetär motivierte Medizin und / oder Forderungen nach einer rigorosen Ökonomisierung des Gesundheitswesens. Insgesamt werden der Begriff und alles mit ihm Zusammenhängende abgelehnt. Ein Fehler, denn die Nutzung betriebswirtschaftlicher Methoden und Instrument zählt zu den Best Practices, die für eine erfolgreiche Arbeit in der Healthcare-Branche, aber auch in anderen Wirtschaftszweigen zukünftig wichtig sein werden.

Hilfe statt Bevormundung

Die Betriebswirtschaftslehre ist jedoch ganz anders aufgestellt und ausgerichtet. Als Hilfestellung angelegt

  • systematisiert sie die am Wirtschaftsprozess teilnehmenden Akteure,
  • zeigt Prinzipien auf, nach denen sie ihrer Branche und ihrem Tätigkeitsfeld entsprechend handeln können und
  • stellt Methoden, Instrumente und Kennziffern bereit, um – in Abhängigkeit vom individuell gewählten Handlungsprinzip – die Arbeit möglichst optimal zu gestalten.

Die Betriebswirtschaft ist damit Forderungs- sowie Vorgaben-frei und stellt für die Arbeitsinhalte des einzelnen Unternehmens, z. B. für eine Arztpraxis, Hilfen zur Verfügung, die Ziele der Praxisinhaber – qualitativ (z. B. Versorgungsqualität) wie quantitativ (z. B. Praxisgewinn) – möglichst optimal zu erfüllen.

Instrumentalisierung der Betriebswirtschaft

Dieser Ansatz ist jedoch nicht zu verwechseln mit Forderungen von Interessengruppen, die sich betriebswirtschaftlicher Termini bedienen und konkrete, den eigenen Intentionen folgende generelle Ausgestaltungen fordern. Diese haben jedoch nichts mit dem zu tun, was einzelbetrieblich geschieht.

Das Unternehmen Arztpraxis

Arztpraxen sind in der betriebswirtschaftlichen Systematik Dienstleistungs-Betriebe, im Gegensatz zu Produktionsbetrieben. Betrachtet man die hier anfallenden Tätigkeiten, so kann die Betriebswirtschaft für zwei Drittel der Praxismanagement-Gesamttätigkeit Konzepte und Methoden zur Unterstützung bereitstellen (Best Practice-Standard), die wenigsten Mediziner nutzen sie jedoch.

Ein Beispiel

Ein betriebswirtschaftliches Instrument zum Bereich „Organisations-Optimierung“ ist die Laufwege-Analyse, denn die räumliche Anordnung der Anlaufstellen und die Koordination von Arbeiten, genauer gesagt der aus ihnen resultierenden Laufwege beeinflussen wesentlich die für die Patientenbetreuung zur Verfügung stehende Zeit. So betrug die Entfernung zwischen dem Materialraum einer Praxis und dem Behandlungszimmer 36 Meter. Aus der Anzahl der Gänge / MFA und der hierfür benötigten Zeit ergab sich, dass das Praxisteam pro Tag knapp zwei Stunden mit Laufzeit zwischen den beiden Praxispunkten verbrachte. Eine Verlegung des Materialraums direkt neben den Behandlungsbereich – eine entsprechende Option existierte -, setzte diese Zeit täglich für andere Arbeiten frei.

Das Optimierung- und Professionalisierung-System

Die Ansatzpunkte für betriebswirtschaftliche Unterstützung durchziehen alle Bereiche des Praxismanagements, begonnen bei der Entwicklung einer Praxis-Strategie, Markt- und Patientenforschung, Personalführung, Marketing, Organisation und Kommunikation bis hin zu Abrechnung und Controlling.

In Arztpraxen werden gegenwärtig aber nur – über alle Fachgruppen und Praxisformen bzw. –größen betrachtet – durchschnittlich 53% der für ein reibungslos funktionierendes Praxismanagement notwendigen Regelungen und Instrumente, der sog. Best Practice-Standard, eingesetzt, die hieraus resultierende Patientenzufriedenheit erfüllt lediglich 61% der Anforderungen und Wünsche.

Die beiden Werte belegen das immense ungenutzte Chancen-Potenzial, das nicht nur Praxisbetrieben helfen kann, ihre Arbeit besser, schneller und profitabler zu erledigen, sondern auch die Patienten-Versorgung nachhaltig verbessert.