„Stress, Zeitmangel und wirtschaftlicher Druck sind keine Naturgesetze – sie sind Symptome eines ineffizienten Praxis-Systems, das sich aber aktiv optimieren lässt.“
Worum es geht
In der Betriebsführung von Arztpraxen gibt es eine universelle Wahrheit: Effizienz ist nicht nur eine wünschenswerte Eigenschaft, sondern die conditio sine qua non für eine nachhaltig erfolgreiche Praxisführung. Sie ist das strukturgebende Prinzip, das den Unterschied zwischen einer florierenden, wirtschaftlich stabilen Praxis und einem permanenten Krisenmanagement ausmacht. Dennoch bleibt sie für viele Praxen eine Art blinder Fleck – ein Ideal, das zwar angestrebt, aber selten systematisch und professionell realisiert wird.
Das Effizienz-Defizit in Arztpraxen – Ein strukturelles Problem
Die strukturelle Ineffizienz vieler Arztpraxen ist kein Zufall, sondern das Resultat eines eklatanten Managementdefizits, das in der medizinischen Branche weitverbreitet ist. Der Ursprung dieses Problems liegt oft in der historischen Entwicklung des Praxisbetriebs: Die meisten Ärztinnen und Ärzte durchlaufen eine hochspezialisierte, medizinische Ausbildung, die jedoch kaum betriebswirtschaftliche oder strategische Managementkompetenzen vermittelt. Das Praxismanagement wird daher häufig intuitiv oder bestenfalls reaktiv betrieben, was langfristig zu erheblichen Reibungsverlusten führt.
Die Folgen sind spürbar: unnötige Wartezeiten, überlastete Mitarbeitende, ineffiziente Ressourcen-Allokation, finanzielle Engpässe und eine insgesamt sinkende Qualität der Patientenversorgung. Die daraus resultierende Dysbalance manifestiert sich in Stress, hoher Fluktuation und suboptimalen wirtschaftlichen Ergebnissen – ein Teufelskreis, der sich oft aus der fehlenden Fähigkeit zur objektiven Analyse speist.
Effizienz als systemische Notwendigkeit – Warum kein Weg daran vorbeiführt
Effizienz im Praxismanagement ist mehr als nur die Reduktion von Kosten oder die Beschleunigung von Abläufen – sie ist eine fundamentale Systemleistung, die sich durch alle Ebenen der Praxisorganisation zieht. Eine effiziente Praxis schafft Mehrwert, indem sie begrenzte Ressourcen – Zeit, Personal, Infrastruktur und Budget – so orchestriert, dass sie einen maximalen Nutzen erzeugen. Dabei geht es nicht nur um Geschwindigkeit, sondern um die strategische Abstimmung aller Prozesse auf eine kohärente, nachhaltige Wertschöpfungskette.
Drei Kernaspekte verdeutlichen, warum Effizienz im Praxismanagement nicht optional, sondern essenziell ist:
- Wirtschaftliche Stabilität: Nur eine effizient geführte Praxis kann dauerhaft profitabel arbeiten, ohne die Qualität der Versorgung zu gefährden. Ineffizienz führt zwangsläufig zu finanziellen Verlusten, entweder durch unnötige Kosten oder durch entgangene Erlöse.
- Mitarbeiterentlastung: Ein klar strukturiertes, effizientes System reduziert Überlastung und Frustration im Team, steigert die Mitarbeiterzufriedenheit und minimiert die Fluktuation.
- Optimierte Patientenversorgung: Eine effiziente Praxis ist aus Patientensicht eine gut organisierte, transparente und serviceorientierte Einrichtung. Lange Wartezeiten, Kommunikationsdefizite oder administrative Hürden werden reduziert, was sich unmittelbar auf die Patientenzufriedenheit auswirkt.
Der Schlüssel zur nachhaltigen Effizienz: Key Performance Indikatoren als Steuerungsinstrument
Die entscheidende Frage lautet: Warum scheitern so viele Praxen daran, Effizienz dauerhaft zu etablieren? Die Antwort liegt in der fehlenden Messbarkeit und Steuerbarkeit der relevanten Prozesse. Ohne präzise Kennzahlen bleibt Effizienz ein vages Ideal, das sich weder systematisch überprüfen noch gezielt optimieren lässt. Genau hier setzen Key Performance Indikatoren (KPIs) an.
KPIs sind essenziell, um Effizienz nicht nur subjektiv wahrzunehmen, sondern objektiv zu messen und zu steuern. Sie ermöglichen eine faktenbasierte, kontinuierliche Optimierung der Praxisorganisation, indem sie kritische Leistungsbereiche quantifizieren. Entscheidend ist jedoch nicht die bloße Existenz von KPIs, sondern deren gezielte Auswahl, systematische Nutzung und konsequente Integration in den Managementprozess.
Zu den wichtigsten KPIs im Praxismanagement gehören u. a.:
- der Best Practice-Score (BPS), der anzeigt, wie das Praxismanagement in seiner Gesamtheit zur validierten Best Practice-Leitlinie der Praxisführung aufgestellt ist,
- der Teamwork Quality Score (TQS), der indiziert, ob in einem Betrieb ein echtes Team oder nur eine Gruppe oder eine Zweckgemeinschaft arbeitet,
- der Patient Care Quality Score (PCQS), der Auskunft darüber gibt, in welchem Umfang die Praxisarbeit der Erwartungshaltung der Patienten entspricht sowie
- alle Sub-Scores zu den Aktionsbereichen der Praxisführung und ihren Interaktionen.
Die Einführung von KPIs ist jedoch kein Selbstzweck. Entscheidend ist die intelligente Interpretation der Daten und deren Übersetzung in konkrete Maßnahmen. Nur durch eine konsequente Rückkopplung zwischen Messung und Optimierung kann eine Praxis langfristig eine stabile Effizienz-Struktur aufbauen.
Key Learning: Effizienz ist planbar – aber nur mit der richtigen Methodik
Effizienz ist keine Frage des Zufalls, sondern das Ergebnis eines präzise gesteuerten Managementprozesses. Während viele Praxen weiterhin darauf hoffen, dass sich Effizienz „von selbst“ einstellt, zeigt die Realität: Ohne ein durchdachtes KPI-gestütztes Steuerungssystem bleibt nachhaltige Effizienz unerreichbar. Der entscheidende Schritt liegt darin, Effizienz nicht nur als Ziel zu formulieren, sondern als systematischen Prozess zu begreifen – messbar, steuerbar und konsequent optimierbar.
Weiterführende Literatur
- Thill, K.-D.: Effizienz-Killer“ in der Arztpraxis – Factbook für Haus- und Fachärzte“, Neobooks, Berlin, 2024, erhältlich als E-Book oder als PDF-Skript: https://tinyurl.com/48bd5s4n
- Thill, K.-D.: Benchmarking des Praxismanagements für Haus- und Fachärzte – Methode, Anwendung und Nutzen, Neobooks, Berlin, 2024 erhältlich als E-Book oder als PDF-Skript: https://bit.ly/43qoK9C