Worum es geht
Das Gesundheitswesen, insbesondere im Bereich der niedergelassenen Ärzte, unterliegt einer rasanten Dynamik, angetrieben durch Digitalisierung, regulatorische Änderungen und sich wandelnde Patientenerwartungen. Für Haus- und Fachärzte stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, wie sie kurz-, mittel- und langfristig ihre Praxisführung in der Form auf den Wandel ausrichten, dass sie die Gestaltung ihrer Praxisarbeit aktiv in der Hand behalten und nicht „Opfer“ der Veränderungen werden.
Die hierfür benötigte Strategie besteht in einer unternehmerischen Praxisführung in Form eines professionell umgesetzten Best Practice-Praxismanagements. Doch die Umsetzungs-Realität dieses Ansatzes in deutschen Arztpraxen ist bislang nur gering, man muss sogar von einer Art „Ecophobie“ sprechen, einer Angst oder starke Abneigung gegenüber der Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen und Management-Fragen der eigenen Praxisführung.
Was bedeutet unternehmerische Praxisführung?
Der Begriff „Unternehmerische Praxisführung“ bezeichnet in diesem Zusammenhang den systematischen Einsatz validierter Methoden, Instrumente und Verhaltensweisen in Haus- und Facharztpraxen, die unter Berücksichtigung der Praxisziele zukunftsbeständig und flexibel gleichermaßen
- die bestmögliche medizinische Versorgungsqualität für die Patienten,
- eine ausgewogene und motivierende Arbeitsqualität für Arzt / Ärzte und Medizinische Fachangestellte sowie
- den wirtschaftlichen Erfolg sicherstellen.
Diese Praxismanagement-Form ist darauf ausgerichtet, im vielschichtigen Geschehen des Gesundheitswesens mit allen seinen Unabwägbarkeiten stets proaktiv erfolgreich zu agieren – und nicht passiv ohne größere Entscheidungsfreiheit nur reagieren zu können. Doch die wenigsten Mediziner adaptieren die Unternehmer-Rolle für sich und nutzen die Instrumente.
Beispiele für notwendiges, aber fehlendes unternehmerisches Denken und Handeln
Mangel an Praxisstrategien
Beispielsweise verfügen nur etwa 20 % der deutschen Ärzte über eine definierte Praxisstrategie. Doch ohne eine derartige Orientierung navigieren Praxen ohne Kompass durch das komplexe Gesundheitssystem, was ihre Fähigkeit, auf Veränderungen proaktiv zu reagieren und sich anzupassen, erheblich einschränkt.
Defizit bei der Umsetzung digitaler Strategien
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet immense Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung, zur Verbesserung der Patientenversorgung und zur Erweiterung der Dienstleistungen. Dennoch haben nur wenige Praxen eine umfassende Digitalisierungs-Strategie entwickelt. Dieses Versäumnis bedeutet, dass viele Praxen gar in der Lage sind, von den technologischen Fortschritten zu profitieren, die ihnen, über die gesetzlichen Vorgaben der Telematikinfrastruktur (TI) hinaus zur Verfügung stehen.
Unzureichende Anwendung von Best Practices
Im Mittel setzen Haus- und Fachärzte in ihrem Praxismanagement nur die Hälfte des Best Practice-Standards um. Diese validierte Leitlinie beschreibt alle Regelungen, Instrumente und Verhaltensweisen, die in den Aktionsbereichen der Praxisführung, von der Planung über Marktforschung, Organisation, Führung, Patientenbetreuung und Marketing bis zum Controlling, für eine auch unter wechselnden Anforderungen reibungslos funktionierende Arbeit unerlässlich sind. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von Zeitmangel über fehlendes Bewusstsein bis zu Widerständen gegenüber Veränderungen. In der Konsequenz führt die Ecophobie in diesem Bereich zu den bekannten negativen Auswirkungen, die Ärzte, MFA und Patienten täglich erleben.
Vernachlässigung professioneller Personalentwicklung
Ein weiteres Beispiel der Ecophobie findet sich im Bereich der Mitarbeiterführung: nur die wenigsten Ärzte setzen hierbei professionelle Feedback-Gespräche ein, obwohl dies sogar ein Wunsch der meisten MFA ist. Die Folgen sind Demotivation, ineffiziente Arbeitsabläufe, eine Beeinträchtigung der Patientenversorgung und Mitarbeiter-Fluktuation.
Fazit
Ohne ein professionelles unternehmerisches Handeln werden Ärzte zunehmend Schwierigkeiten haben, sich in einem sich schnell verändernden Gesundheitswesen erfolgreich zu positionieren, die Qualität der Patientenversorgung zu sichern und die Zukunftsfähigkeit der eigenen Betriebe zu gewährleisten.