Worum es geht
Wenn niedergelassene Ärzte sich entschließen, ihre Einzelpraxen in die Arbeit einer Gemeinschaft einzubringen, dominieren vor allem Aspekte der Arbeits- und Risikoteilung, verbunden mit der Erwartung eines verbesserten wirtschaftlichen Erfolges. Und tatsächlich wäre ein Erreichen dieser Ziele durch eine konsequente Nutzung aller Synergien möglich, doch das geschieht nur in wenigen Fällen.
Betriebsvergleich zeigt die Probleme
Die Gegenüberstellung der Resultate aus Praxismanagement-Betriebsvergleichen vor dem Übergang von Einzel- zu Mehrarztpraxen und ein Jahr danach zeigt u. a. folgende Veränderungen:
Dramatischer Abfall der Patientenzufriedenheit
Ein Jahr nach der Fusion stellte sich die Bewertung der Betreuungsqualität, gemessen mit dem Key Performance-Indikator Customer Care Quality Score (CQS) aus dem Verhältnis von Patienten-Anforderungen und Zufriedenheit wie folgt dar:
- 12% der neu entstandenen Praxen hatten bessere Werte als vorher,
- 35% wiesen gleichwertige Resultate auf und
- 53% schlechtere als in der Einzel-Ausgangssituation.
Der Zufriedenheit-Zuwachs betrug dabei durchschnittlich 28%, die Zufriedenheits-Abnahme belief sich im Mittel auf 37%. Der Rückgang der Patientenzufriedenheit war gleichzeitig mit einer durchschnittlichen Abnahme der Weiterempfehlungsbereitschaft, gemessen mit dem Net Promoter Score, um 36% verbunden.
Die Kritik der Patienten bezog sich auf drei Leistungsbereiche der Praxen:
- eine unzureichende Organisation, vor allem in Form überlanger Wartezeiten,
- zu kurze Arztkontakte mit zu wenigen Informationen und geringen Gesprächsmöglichkeiten sowie auf
- unaufmerksames und teilweise unfreundliches Personal.
Reduzierte Praxismanagement-Aktivität
Ein weiterer Prüfaspekt war der Vergleich des realisierten Praxismanagement-Leistungspotenzials vor und nach Fusion. Als Bewertungsgröße fungierte die Umsetzung des Best Practice-Standards, der diejenigen Instrumente, Regelungen und Verhaltensweisen beschreibt, die einen reibungslos funktionierenden Praxisbetrieb gewährleisten. Hier zeigte sich, dass die Aktivitäten in der neuen Konstellation zum Teil deutlich geringer ausgeprägt waren. Das betraf vor allem die Aktionsbereiche „Praxisorganisation“, „Führung“, „Ärztliches Zeitmanagement“ und „Marketing“.
Auch die Mitarbeiter klagen
Die Mitarbeiterzufriedenheit
- verbesserte sich in 23% der Praxen im Gegensatz zur Ausgangslage
- blieb in 12% unverändert und
- sank in 65% der neuen Zusammenschlüsse.
Häufigste Kritikpunkte der Medizinischen Fachangestellten waren eine unzureichende Aufgaben- und Kompetenz-Zuordnung, fehlende Regeln der Zusammenarbeit und eine geringe Entscheidungseindeutigkeit der Praxisinhaber.
Die Gründe
Der Unterschied zwischen erfolgreichen und sich weniger positiv entwickelnden Zusammenschlüssen liegt einmal in der Form der Zusammenführung. In den meisten Negativ-Fällen existierte kein Integrationsplan, sondern die Routinen der Einzelpraxen wurden weitgehend unverändert zusammengelegt und man überließ es dem Personal, sich dabei selbst zu arrangieren. Doch Mehrarzt-Praxen sind eine eigenständige Praxisform, die andere Regeln benötigt. Hierbei müssen nicht nur unterschiedlichen Arbeitsweisen berücksichtigt werden, sondern auch die Auswirkungen einer Teilung von Verantwortung und Führung.
Hinzu kommt, dass die Praxisinhaber nur zurückhaltende Absprachen zu Regelung und Koordination der Praxisarbeit trafen, um die neue Partnerschaft nicht durch persönliche Dominanz zu gefährden, aber auch, um vertraute eigene Routinen nicht zu verlieren.
Die Situationen wurden dadurch erschwert, dass die Mediziner sowohl die Anforderungen als auch die Zufriedenheit ihrer Patienten deutlich überschätzen. Die neue Konstellation hatte ihnen fast autosuggestiv mit dem Blick auf die persönlichen Vorteile („In der Kooperation wird alles besser!“) den Blick für die Realität verstellt.
Fazit
Nur die Zusammenschlüsse von Einzelpraxen zu Gemeinschaften sind nachhaltig erfolgreich, die ihr Projekt geplant und systematisch umsetzen und dabei wie bei einer Praxis-Neugründung vorgehen.
Der Praxismanagement-Betriebsvergleich
Ein Praxismanagement-Betriebsvergleich unterstützt Haus- und Fachärzte nicht nur bei der Planung von Praxisveränderungen, sondern grundsätzlich bei der Analyse, Entwicklung und Verbesserung ihrer Praxisarbeit. Der Aufwand für eine Durchführung ist äußerst gering, ein Vor-Ort-Berater wird nicht benötigt.
