Warum du auf gar keinen Fall etwas an deinem Praxismanagement ändern solltest. Wirklich nicht.
Das Schöne an einem funktionierenden System ist: Es funktioniert. Und wer als Hausarzt oder Fachärztin irgendwann den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat – sei es durch eine Praxisgründung oder Übernahme – weiß ganz genau, was das bedeutet: Strukturen aufbauen, Prozesse definieren, Abläufe verlässlich machen. Und wenn das dann einmal steht, wenn das Konstrukt rund läuft, wenn Patienten versorgt werden und am Ende des Monats der Gewinn passt – warum dann noch etwas verändern? Genau. Es gibt schlicht keinen Grund.
Es ist schließlich nicht deine Aufgabe, dich mit dem Tagesgeschäft einer Praxisverwaltung zu belasten. Du bist Arzt. Du bist Ärztin. Du behandelst, du diagnostizierst, du heilst. Der Rest? Der Rest ist, mit Verlaub, störendes Hintergrundrauschen. Und wenn du es dir einmal vom Leib gehalten hast, dann solltest du alles dafür tun, dass es auch so bleibt.
Management ist kein Heilberuf
Du brauchst keine Praxisanalyse. Du brauchst keinen Controllingbericht. Du brauchst keinen Prozessoptimierer, keinen Kommunikationstrainer, keine Führungskräfteschulung. Du brauchst deinen Verstand, deinen medizinischen Sachverstand, und ein Team, das tut, was du sagst. Punkt. Wenn es hakt – und das tut es ja ab und zu – dann liegt das garantiert nicht an deinem Management. Sondern an den Umständen, den Krankenkassen, der Telematikinfrastruktur, der Inflation, der Digitalisierung, dem Fachkräftemangel oder den Patienten. Oder allen zusammen.
Die Leute wollen heute einfach zu viel. Freundlichkeit, Erreichbarkeit, Erklärungen. Sie haben Google gelesen, einen Podcast gehört oder mit ihrer Yogalehrerin gesprochen und glauben nun, dir sagen zu können, wie du deine Praxis zu führen hast. Eine Zumutung. Und jetzt stell dir mal vor, du würdest anfangen, das ernst zu nehmen. Das führt zu nichts – außer zu einem Aufweichen deiner Autorität. Und das willst du sicher nicht.
Wer einmal gut gearbeitet hat, arbeitet immer gut
Dein System hat dich groß gemacht. Es hat dich durch den Wahnsinn der Praxisgründung getragen, durch die Mühen der Etablierung, durch Pandemie, Inflation, Fortbildungen und Vertretungssuche. Warum solltest du etwas hinterfragen, das dich durch all diese Jahre gebracht hat? Klar, Dinge ändern sich. Aber das ist kein Grund, ihnen zu folgen. Veränderung ist nicht automatisch Verbesserung. Und Rückgriff auf Bewährtes ist keine Schwäche – sondern ein Zeichen von Stabilität.
Wenn du dich heute entscheidest, alles so zu lassen, wie es ist, dann ist das ein Zeichen von Charakter. Von Kontinuität. Von Haltung. Du hast schließlich nicht umsonst alles so eingerichtet, wie es heute läuft. Wer einmal ein stabiles System aufgebaut hat, darf auch auf dessen Verlässlichkeit vertrauen.
Feedback? Bitte erst, wenn es Lob ist
Natürlich kommt es vor, dass Patienten unzufrieden sind. Aber mal ehrlich – ist das nicht immer schon so gewesen? Es gibt einfach Menschen, die mit nichts zufrieden sind. Und wenn sie in der Warteschleife hängen, wenn sie keinen schnellen Termin bekommen, wenn sie sich „nicht gesehen“ fühlen – dann liegt das nicht an deinem System. Sondern an ihrer Erwartungshaltung. Diese Menschen glauben, Medizin sei ein Wellness-Angebot. Du aber weißt, dass sie ein Heilberuf ist – und keine Dienstleistung nach Wunsch.
Deshalb ist Kritik von Patienten bestenfalls eine Einzelmeinung. Und oft nicht einmal das. Sie ist Ausdruck einer Gesellschaft, die verlernt hat, sich einzuordnen. Die lieber bewertet als sich zu bedanken. Die mit dem Finger auf andere zeigt, anstatt sich selbst zu fragen, wie sie dazu beiträgt, dass Wartezeiten entstehen, Personal überlastet ist und Kapazitäten erschöpft sind. Du bist nicht verantwortlich für den Frust deiner Patienten. Und du musst ihn dir auch nicht zu eigen machen.
Deine Mitarbeiterinnen: Geld, sonst nichts
Man sagt, Mitarbeiter seien das wertvollste Gut einer Praxis. Das mag stimmen – aber nicht, wenn sie ständig gehen. Dann sind sie vor allem eines: unzuverlässig. Du hast dich bemüht. Du zahlst solide Gehälter, gibst ihnen die zustehenden Urlaubstage, organisierst Fortbildungen, planst langfristig. Und was passiert? Eine bessere Stelle winkt, ein Angebot kommt, und plötzlich ist alles vorbei. Du stehst wieder da, suchst Ersatz, wirst vertröstet, musst Überstunden machen. Und das alles wegen Menschen, die angeblich so engagiert waren.
Wirklich gute Mitarbeiterinnen erkennt man nicht daran, dass sie immer lächeln. Sondern daran, dass sie bleiben. Wenn sie das nicht tun, kannst du nichts dafür. Es ist der Markt, die Bezahlung, das System. Du führst gut. Du sagst, wo es langgeht. Du behandelst mit Respekt – aber nicht auf Knien. Wer deine Praxis verlässt, war vielleicht nie wirklich da.
Du musst nicht alles verbessern
Es gibt Praxisberater, die dir einreden wollen, du müsstest „regelmäßig analysieren“, „an deinen Strukturen arbeiten“, „digitale Prozesse einführen“, „Teambesprechungen abhalten“, „Ziele definieren“, „Leistungskennzahlen erheben“, „Patientenrückmeldungen ernst nehmen“, „Feedbacksysteme installieren“, „Mitarbeiterzufriedenheit messen“ und „Leadership-Kompetenzen entwickeln“. Was für ein Unsinn. Wenn man zu viel analysiert, vergisst man das Wesentliche: die Arbeit selbst.
Und wer die ganze Zeit überlegt, was man besser machen könnte, kommt nie zur Ruhe. Du bist nicht Unternehmensberater. Du bist Arzt. Und du bist da, um Menschen zu helfen – nicht, um Excel-Tabellen zu füllen oder SWOT-Analysen zu lesen. Dein Bauchgefühl reicht. Und wenn du bisher damit gut gefahren bist, wirst du auch morgen damit fahren. Nur eben nicht in der Bahn der Selbstoptimierer – sondern in deinem eigenen Takt.
Patienten kommen sowieso
Auch so ein Mythos: dass Patienten „wandern“, wenn sie sich schlecht behandelt fühlen. Dass sie sich andere Praxen suchen, Google-Bewertungen schreiben oder in den sozialen Medien jammern. Ja – tun sie. Aber sie kommen auch zurück. Weil du gut bist. Weil du einen Ruf hast. Weil du Erfahrung hast. Und weil die Alternativen oft schlechter sind. Die Wahrheit ist: Die meisten Patienten suchen nicht die perfekte Praxis – sondern eine, die sie kennt. Die sie aufnimmt. Die ihnen vertraut vorkommt.
Du bist Teil ihres Lebens. Und du musst dich nicht dauernd neu erfinden, um relevant zu bleiben. Du bist es bereits. Mit deinem System, deinen Regeln, deinem Stil. Lass dir da nichts einreden.
Wer Störungen hat, muss draußen bleiben
Wenn sich im System etwas verschiebt – wenn plötzlich Hektik ausbricht, wenn Prozesse stocken, wenn der Ton rauer wird – dann ist das kein Zeichen für mangelnde Führung. Sondern ein Symptom äußerer Umstände. Du kannst nicht alles steuern. Du kannst nicht alles verhindern. Und du musst es auch nicht.
Die Vorstellung, man könne eine Praxis so führen, dass es nie Unzufriedenheit gibt, ist eine Illusion. Es wird immer Patienten geben, die fordern. Immer Mitarbeiterinnen, die klagen. Immer Abläufe, die nicht ganz reibungslos laufen. Aber das liegt nicht an dir. Sondern an der Welt. Und an ihrer Neigung, dich in Strukturen pressen zu wollen, die dir nicht passen.
Mach bloß keine Veränderung – das bringt nur Unruhe
Veränderung bedeutet Aufwand. Und Aufwand heißt: Zeit, Energie, Geld, Nerven. Warum solltest du also anfangen, Dinge zu überdenken, wenn sie doch – irgendwie – funktionieren? Nur weil man es heute so macht? Weil andere es machen? Weil Berater sagen, es sei sinnvoll?
Du weißt, was sinnvoll ist: morgens den Schlüssel ins Schloss zu stecken, den Rechner hochzufahren, das Team zu begrüßen, Patienten zu sehen, zu behandeln, abzurechnen – und den Laden am Laufen zu halten. Das ist keine Kleinigkeit. Das ist Praxismanagement. Und das machst du seit Jahren. Vielleicht nicht perfekt. Aber verlässlich. Und das zählt.
Dein System schützt dich – also verteidige es
Du hast ein Schutzsystem aufgebaut. Ein mental-ökonomisches Immunsystem gegen Überforderung, gegen zu viel Input, gegen zu viele Stimmen, die dir sagen wollen, was du ändern sollst. Du hörst sie. Aber du bleibst bei dir. Du willst deinen Weg gehen. Deinen Stil bewahren. Deine Ordnung halten. Und du weißt, dass du es geschafft hast – nicht trotz, sondern wegen deiner Haltung.
Und wenn du heute entscheidest, alles so zu lassen, wie es ist – dann ist das kein Rückschritt. Es ist dein Statement. Dein „weiter so“. Dein „Ich bleibe, wer ich bin“.
Denn: Warum solltest du etwas verändern, das funktioniert – nur weil andere sagen, es wäre besser?
Bleib wie du bist. Es hat dich doch schließlich hierhergebracht.
