Worum es geht
Patienten werten schlechte Organisation als Unfähigkeit des Praxisteams, denn reibungslos funktionierende Abläufe werden in gleichem Umfang erwartet wie gute Medizin. Doch in der Realität wird die Erwartung enttäuscht.
Wie Ärzte mit der Organisation umgehen
Die wohl wichtigste Beurteilungsgröße der Organisationsqualität ist für Patienten die Länge der Wartezeit. Entscheidend für die Zufriedenheit ist hierbei nicht die absolute Länge des Wartens, sondern das Verhältnis zu Länge und Qualität des Arztkontaktes. Doch diese Gesetzmäßigkeit beachten nur die wenigsten Praxisinhaber. Stellt man die Länge der Wartezeit und die Dauer des Arzt-Patienten-Gesprächs einander gegenüber, lässt sich eine die Realität hervorragend beschreibende Typologie für Praxisinhaber entwickeln:
Die Optimierer (ca. 5% der Ärzte)
Sie
- haben ihre Abläufe systematisch entwickelt und strukturiert,
- sind in der Lage, den unterschiedlichen Zeitanforderungen der Patienten gerecht zu werden und
- gleichzeitig ihre Praxisziele zu erreichen.
Durch kontinuierliche Analysen und Kontrollen halten sie ihre Organisationssysteme in Form.
Die Indifferent-Planlosen (ca. 40%)
Sie kümmern sich nicht um organisatorische Effizienz oder Patientenwünsche, sondern reagieren aktionistisch auf die täglichen terminlichen Anforderungen der Praxisarbeit. Auch ihr persönliches Zeitmanagement folgt keinen Regeln, sondern spontanen Eingaben, z. B. in Form längerer Privatgespräche mit Patienten.
Die Akkord-Therapeuten (ca. 25%)
Hierbei handelt es sich um Optimierer ohne Patientenorientierung. Sie versuchen, das medizinisch Notwendige in so kurzer Zeit, wie nur möglich, zu erledigen. Informationen erhalten die Patienten von ihnen kaum.
Die Unorganisierten Kümmerer (ca. 30%)
Ärzte dieser Gruppe stellen wiederum die Patienten in den Mittelpunkt, vernachlässigen aber dabei die Praxisorganisation. Wer zu ihnen geht, muss überlange Wartezeiten in Kauf nehmen, erhält dafür aber das Maximum an Aufmerksamkeit, Zuwendung und Hilfe.
Auch Teams sind durch fehlerhafte Organisation gestresst
Frust über fehlende Freizeit, Stress, Burn-out: für eine große Anzahl von Ärzten sind diese Begriffe – wie Studien belegen – keine Leerformeln, sondern quälende Realität. Gleichzeitig entwickelt sich aus diesen Phänomenen eine fatale Negativspirale, denn auf Dauer geraten auch Mitarbeiter und Patienten in den Abwärts-Sog des ärztlichen Stimmungstiefs. Bei der Ursachenforschung dominiert der Blick auf externe Faktoren. Praxisanalysen zeigen aber: etwa 2/3 der ärztlichen Stress- und Burn-out-Probleme werden praxisintern durch eine falsche Praxisorganisation verursacht.
Mit Best Practices kaum Stress
Das Stressempfinden der Praxisinhaber ist umso größer, je weniger der Best Practice-Gestaltungsfaktoren, die einen reibungslos funktionierenden Praxisbetrieb gewährleisten, umgesetzt werden:
- viele Praxisinhaber planen ihre Tätigkeiten nicht, arbeiten ohne Prioritäten und erledigen ihre Arbeit nach Anfall, diese Systemlosigkeit schafft Chaos und Unzufriedenheit,
- nur wenige Ärzte haben schon einmal eine Arbeitsanalyse durchgeführt und konsequent alle „Zeitfresser“ eliminiert, die meisten Praxisinhaber lassen sich passiv durch den Praxisalltag steuern statt selbst aktiv zu werden.
- häufig differieren die Arbeitszeit des Arztes und die verplanten Sprechzeiten, d.h. die Ärzte kommen erst nach dem offiziellen Sprechstundenbeginn, dadurch startet jeder Arbeitstag bereits mit Verzögerungen, die nicht wieder aufgefangen werden können,
- selten sind klare Absprachen mit den Mitarbeiterinnen, in welchen Fällen eine Konsultation gestört werden darf, größtenteils bleibt die Definition der Wichtigkeit eines Anlasses den Mitarbeitern überlassen. Hierdurch entsteht eine Vielzahl von „kleinen“ Ärgernissen, da nur in den wenigsten Fällen die Meinung der Mitarbeiterinnen mit der der Ärzte übereinstimmt,
- nicht wenige Ärzte sind „Theken-Touristen“: sie kommen im Laufe eines Tages durchschnittlich 56 Mal an den Empfang, um dort Administratives zu erledigen. Bei einer mittleren Aufenthaltszeit von etwa einer Minute verlieren sie dort fast eine Stunde Arbeitszeit für Verrichtungen, die meistens eindeutig zum Aufgabenbereich der Mitarbeiterinnen gehören,
- andere beteiligen sich täglich an der Suche nach Unterlagen oder Dateien, an der Bedienung von dauerklingelnden Telefonen oder bei der Lösung anderer Probleme der Mitarbeiterinnen („Mit wie viel Porto sollen wir diesen Brief frankieren?“),
- die konsequente Delegation von Arbeiten ist ohnehin ein grundlegendes Problem in Arztpraxen: nur ein geringer Anteil der Ärzte fährt hier eine „klare Linie“ und befreit sich konsequent von allen nicht in ihren Arbeitsbereich fallenden Aufgaben. Die meisten befürchten jedoch, dass ohne ihre ständige Intervention und Präsenz nichts vernünftig funktioniert. Das Ergebnis: die Mitarbeiterinnen sind aufgrund der „Dauerkontrolle“ frustriert und die Ärzte überarbeitet.
100 Best Practice-Tipps für eine noch bessere Praxisorganisation
Unabhängig davon, ob es Praxisinhabern und ihren Teams darum geht,
- akut den Arbeitsdruck zu senken,
- mittelfristig die Effizienz und die Patientenzufriedenheit zu steigern oder
- langfristig flexibel auf Veränderungen reagieren zu können und den Praxiserfolg zu sichern,
stets ist die Praxisorganisation eine zentrale Stellgröße, diese Ziele auch umzusetzen. Hinzu kommt, dass der Grad ihrer Funktionalität für Patienten ein wichtiger Parameter zur Bewertung der Leistungsqualität von Arztpraxen geworden ist.
Der Ratgeber „100 Best Practice-Tipps für eine noch bessere Praxisorganisation“ unterstützt Haus- und Fachärzte sowie ihre Teams mit praktischen, alltagsbewährten Tipps für eine reibungslos funktionierende Organisation. Sie stammen zum größten Teil von niedergelassenen Ärzten, die ihre Betriebe Best Practice-orientiert entwickelt haben und werden ergänzt durch grundlegende, Organisations-fördernde Erkenntnisse aus Praxismanagement-Betriebsvergleichen. Alle Tipps geben Ihnen Anhaltspunkte, wie Sie mit guter Organisation Zeit und Kosten sparen können, die Produktivität erhöhen, eine bessere Arbeitsqualität (Stichwort: Work-Life-Balance) erreichen und insgesamt erfolgreicher sind.