Ambulante Medizin: Nur die wenigsten Praxisinhaber wissen, wie ihr Personal „tickt“

Worum es geht

Der Fokus von Praxismanagement-Betriebsvergleichen liegt zum einen darauf, durch Kennziffern die Performance einer Praxis sichtbar zu machen, um bisher unentdeckte Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren und die Praxisführung steuerbar zu machen. Ebenso erfassen sie aber auch ergänzend qualitative Hintergrund-Informationen. Das nachstehende Fallbeispiel repräsentiert dabei die Situation in über der Hälfte der deutschen Arztpraxen. Es beleuchtet ein Kernproblem der Teamarbeit, nämlich dass Praxisinhaber auch nach langjähriger Zusammenarbeit häufig nicht wirklich verstehen, was ihre Mitarbeiter bewegt: ihre Wünsche, Anforderungen und Ideen zur Veränderung. In diesem Fall geht es um eine hausärztliche Praxis mit zwei Inhabern und acht medizinischen Fachangestellten.

Fallstudie: Die Verbesserungsvorschläge der Medizinische Fachangestellten zur Praxisführung

Die im Rahmen des Praxismanagement-Betriebsvergleichs ermittelten Verbesserungsvorschläge der MFA spiegeln eine Vielzahl von Herausforderungen und Optimierungspotentialen wider, die in der täglichen Arbeit bestehen. Die Praxisinhaber meinten vor der Durchführung der Befragung, dass ihr Personal mit den Arbeitsbedingungen sehr zufrieden sei. Die Ansätze des Personals in der Übersicht:

Personalmanagement und -planung

  • Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter (insbesondere für Telefon- und E-Mail-Betreuung).
  • Einhaltung der geregelten Arbeitszeiten und Reduzierung der Überstunden.
  • Pünktlicher Arbeitsbeginn und geregelte Mittagspausen.

Kommunikation und Absprachen

  • Klare interne und externe Kommunikationslinien.
  • Einhaltung getroffener Entscheidungen und Absprachen.
  • Verbesserte Erreichbarkeit der Praxis.

Terminmanagement und Patientensteuerung

  • Bessere Terminplanung mit ausreichenden Pufferzonen.
  • Bereitstellung kurzfristiger Termine.
  • Konsequente Patientensteuerung und Einhaltung der Terminarten.

Effizienz und Arbeitsbelastung

  • Reduzierung der E-Mail-Flut.
  • Entlastung am Telefon durch zusätzliches Personal.
  • Möglichkeiten zur Erledigung von Arbeiten außerhalb der Praxiszeiten ohne Patientenkontakte.

Service und Patientenorientierung

  • Einsatz von Übersetzungshilfen für ausländische Mitbürger.
  • Patientenversorgung als zentralen Fokus beibehalten.

Wertschätzung und Unterstützung

  • Wertschätzung der Mitarbeiter.
  • Rückendeckung durch die Praxisleitung bei Konflikten mit Patienten.

Die Vorschläge liefern eine breite Basis für die Interpretation der aktuellen Praxisführung und weisen auf konkrete Bereiche hin, in denen Optimierungen notwendig und sinnvoll erscheinen. Es zeigt sich ein Bedarf an verbessertem Personalmanagement, klaren Kommunikationsstrukturen, effizientem Terminmanagement und einer stärkeren Patienten- sowie Mitarbeiterorientierung. Durch eine systematische Adresse der genannten Punkte könnte sowohl die Arbeitszufriedenheit der Medizinischen Fachangestellten als auch die Servicequalität und Effizienz der Praxis gesteigert werden.

Diskrepanz in der Wahrnehmung

Die Vorschläge und das Feedback der Mitarbeiter liefern jedoch auch wichtige Erkenntnisse über die Führungskompetenz der Ärzte:

Wahrnehmung und Realität

Die Diskrepanz zwischen der angenommenen Zufriedenheit des Personals und dem tatsächlichen Feedback zeigt eine Lücke in der Wahrnehmung der Praxisinhaber. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Praxisinhaber sich nicht ausreichend mit den täglichen Herausforderungen und Bedenken ihres Personals beschäftigen.

Kommunikationsdefizite

Mehrere Vorschläge, wie die Einhaltung von Absprachen und die Verbesserung der Praxiserreichbarkeit, weisen auf Kommunikationsdefizite hin. Die Fähigkeit, klare Kommunikationskanäle zu etablieren und aufrechtzuerhalten, ist jedoch ein wesentlicher Aspekt der Führungskompetenz.

Personalmanagement

Die Forderungen nach mehr Personal, geregelten Arbeitszeiten und der Reduzierung von Überstunden spiegeln Herausforderungen im Personalmanagement wider. Eine effektive Führungspraxis muss in der Lage sein, Arbeitslasten angemessen zu verteilen und ein unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen.

Wertschätzung und Unterstützung

Der Wunsch nach Wertschätzung und Rückendeckung von den Vorgesetzten ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass keine anerkennende und unterstützende Arbeitskultur existiert, die jedoch für die Qualität der Arbeit essenziell ist.

Effizienz und Organisationsstruktur

Vorschläge zur Verbesserung der Terminplanung, des E-Mail-Managements und der telefonischen Erreichbarkeit zeigen die Bereiche, in denen organisatorische Effizienz und Prozessoptimierung verbessert werden müssen. Praxisinhaber müssen in der Lage sein, effiziente und effektive Organisationsstrukturen zu schaffen und aufrechtzuerhalten.

Patientenorientierung

Die Anmerkungen zur Patientenversorgung und Patientensteuerung zeigen, dass eine stärkere Ausrichtung auf die Patientenbedürfnisse sowohl die Patientenzufriedenheit als auch das Arbeitsklima verbessern könnte.

Schlussfolgerung

Die aus der Mitarbeiterbefragung hervorgegangenen Verbesserungsvorschläge bieten eine wertvolle Ressource für die Reflexion und Verbesserung der Führungspraxis für die Praxisinhaber. Durch die Anerkennung und Adressierung der genannten Bedenken können die beiden Praxisinhaber ihre Führungskompetenzen stärken und eine positivere, effizientere Arbeitsumgebung schaffen, die letztlich auch zur Verbesserung der Patientenversorgung beiträgt. Es ist essenziell, dass Praxisinhaber offen für Feedback sind und proaktive Schritte unternehmen, um eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und des offenen Dialogs zu fördern.

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