Digitalisierung des Gesundheitswesens: Die Misserfolgs-Gefahr lauert an der Schnittstelle zwischen Technik und Realität

Worum es geht

Ärzte in Klinik und Praxis verstehen digitale Lösungen als Add-ons zu ihrem bisherigen Arbeitsrahmen, nicht als Integrations-Aufgabe. Doch diese Sicht führt zu spürbar negativen Folgen bei der Umsetzung.

Abwarten statt Handeln

Die digitale Transformation des Gesundheitswesens ist derzeit noch weit von einer breit angelegten Entwicklung entfernt. Vielmehr stellt sie sich als ein fragmentierter Prozess dar, denn es existieren derzeit hunderte von Pilotprojekten und Angeboten, die aber meist nur den Charakter von Insel-Lösungen haben. Eine rasche Veränderung dieser Situation ist nicht abzusehen, da die Politik mit der Definition der Rahmenbedingungen zu langsam agiert, die Fachgesellschaften abwartend verharren und sich nur in einzelnen, überschaubaren Projekten engagieren. Die Akteure selbst, geprägt von dieser Situation, entwickeln aufgrund einer eigenen, skeptisch-zurückhaltenden Einstellung und der Suche nach Investitionssicherheit ebenfalls kaum Eigeninitiative. Nur einzelne Krankenkassen fallen aus diesem Kontext positiv-aktiv heraus.

Von der digitalen Ordnung in das reale Chaos

Dennoch entschließen sich beispielsweise im ambulanten Sektor einzelne Ärzte, mit ersten Projekten in den eigenen Betrieben zu starten. Das Problem hierbei ist jedoch, dass häufig den Schnittstellen zwischen Technik und Realität zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, z. B. am Übergang von der Online-Terminvereinbarung in die „analoge“ Praxisorganisation. Die deutsche Durchschnittspraxis setzt derzeit nur die Hälfte der Regelungen, Verhaltensweisen und Instrumente um, die notwendig wären, einen reibungslos funktionierenden Praxisbetrieb zu gewährleisten. Das Digital-Tool „Online-Terminvereinbarung“ wird diesem defizitären Bereich ohne Veränderung einfach vorgeschaltet. So entsteht für Praxisbesucher nach ihrer als professionell und zeitgemäß empfundenen Online-Buchung ein „harter“ Bruch durch die Konfrontation mit der analogen, nicht zeitgemäßen Realität. 2/3 aller Patienten, die Termine in Arztpraxen über das Internet vereinbaren, sind mit der technischen Option überaus zufrieden, kritisieren aber das Follow-up.

Weitere Beispiele aus Praxis und Klinik

Gleiches gilt für die Online-Videosprechstunde. Das Medium selbst ist bei Patienten akzeptiert, doch wer an einer solchen Sprechstunde teilgenommen hat, ist oft über die konkrete Umsetzung enttäuscht, da die Fehler der analogen Arzt-Patienten-Kommunikation online nahtlos fortgesetzt und die Kommunikations-Bedingungen des Mediums nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Aber auch im stationären Bereich stößt man auf die Problematik. Ein Beispiel sind die von Kliniken betriebenen Einweiser-Portale: so hilfreich der internetbasierte Austausch von Patienten-Unterlagen ist, so frustrierend gestaltet sich die Wirklichkeit, wenn es darum geht, einen persönlichen Kontakt herzustellen.

Transformation bedeutet Veränderung

Anwender von Digital-Lösungen müssen deshalb erkennen, dass digitale Transformation nicht darin besteht, diese als Add-ons anzuwenden, sondern es muss eine Integration stattfinden, bei der digitale und analoge Gegebenheiten aufeinander abgestimmt werden, ein Prozess, der nicht nur Ablaufroutinen betrifft, sondern vor allem Verhaltens-Veränderungen erfordert.

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©Klaus-Dieter Thill / IFABS

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Thill, Klaus-Dieter: (Titel), BENCHMARK!, (Publikations-Datum des Beitrags)

Bildnachweis

© IFABS Photo-Edition, erhältlich bei EYEEM und GETTY IMAGES


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