Digitalisierung der Arztpraxis: Anwendungs-Hürde Praxismanagement-Insuffizienz

Worum es geht

Zentrales Ziel der Transformation des Gesundheitswesens ist die Steigerung der Versorgungsqualität. Doch diese Zielsetzung wird im ambulanten Bereich nicht erfüllt, wenn nicht gleichzeitig die hier herrschende Praxismanagement-Insuffizienz beseitigt wird.

Praxismanagement, mehr als nur Organisation

Der Begriff „Praxismanagement“ bezeichnet die Gesamtheit aller Regelungen. Instrumente, Maßnahmen und Verhaltensweisen,

  • die in den Aktionsbereichen Planung, Organisation, Marktforschung, Führung und Zusammenarbeit, Zeit- und Selbstmanagement, Patientenmanagement, Marketing und Finanzmanagement von Arztpraxen aller Fachrichtungen eingesetzt werden und
  • deren Zusammenwirken den Praxisbetrieb gewährleistet.

Das Praxismanagement fungiert als Transmitter der medizinischen ärztlichen Kompetenz und der Tätigkeiten der Medizinischen Fachangestellten in die konkrete Versorgung der Patienten. Von der Qualität seiner Gestaltung hängt es ab, wie umfassend das Können der Ärzte und die Fähigkeiten des Personals den Patienten in Form umfassender Hilfestellungen zuteilwerden. Zudem bestimmt sie, wie schnell Praxisteams auf Veränderungen jeglicher Art reagieren, diese implementieren und von ihrem Nutzen profitieren können (Beispiel: Digitalisierung).

Ein reibungslos funktionierendes Praxismanagement basiert dabei auf dem systematischen Einsatz betriebswirtschaftlicher Methoden und Instrumente und erfordert für seine Umsetzung entsprechende Management-Fähigkeiten.

Diagnose: Praxismanagement-Insuffizienz (PMI)

Sind die von Praxisteams ausgewählten Regelungen des Praxismanagements nicht geeignet, den Praxisbetrieb so zu gestalten, dass er den Anforderungen des Arbeitsalltages gerecht wird und grundsätzlich reibungslos funktioniert, spricht man von Praxismanagement-Insuffizienz (PMI). Grund für ihr Auftreten ist, dass

  • die Auswahl der getroffenen Vorkehrungen und realisierten Maßnahmen unvollständig und / oder falsch bzw.
  • ihre Umsetzung unzureichend und / oder fehlerhaft ist.

Etwa 2/3 der deutschen Arztpraxen sind von der PMI in unterschiedlichen Ausmaßen und Ausprägungen betroffen. Diese große Anzahl resultiert aus der Tatsache, dass Haus- und Fachärzte im Durchschnitt 50% der für einen reibungslos funktionierende Praxisbetrieb notwendigen Vorkehrungen gar nicht einsetzen.

Ursachen-Forschung

Wie es zu dieser Situation kommt, zeigen die Ergebnisse unserer Valetudo Praxisanalysen:

Das Praxismanagement hat für Ärzte in seiner Bedeutung eine nachgeordnete Priorität

Bei Praxis-Neugründung, – Übernahme oder Kooperation werden Prozesse festgelegt, die dem akuten Handlungsrahmen entsprechen, in der Folge aber nie wieder auf Tragfähigkeit überprüft werden. Bei Problemen werden punktuell Hilfs-Routinen entwickelt, die mit der Zeit in die originäre Prozess-Gestaltung einfließen und ein fester Bestandteil werden, Effizienz und Produktivität dieser Lösungen und ihres Zusammenspiels mit der Basis-Organisation werden aber ebenfalls nie kontrolliert.

Ärzte sehen die Problemursachen für Arbeitsdruck, Stress etc. im Außenbereich ihrer Betriebe

Diese Tatsache wird ihnen seit Jahren medial mit steten Hinweisen auf steigende Patientenanforderungen und die Bürokratie so kommuniziert, doch die Durchleuchtung des Praxismanagements zeigt, dass die Probleme in den meisten Fällen aus den Praxen selbst kommen. Zudem sind von diesen Problemen alle Praxen gleichermaßen betroffen, doch die nach dem Best Practice-Standard arbeitenden beklagen sie nicht, da sie sie in ihren Prozessen adäquat berücksichtigen.

Ärzte nutzen die Hinweise ihrer Mitarbeiter nicht

In mehr als der Hälfte aller Praxisbetriebe existieren Ideen und Vorschläge der MFA, wie die Arbeit besser gestaltet werden könnte, doch gleichzeitig beklagt das Personal, dass die Praxisinhaber sich hierauf nicht einlassen.

Monokausales Denken

Ein grundlegendes Problem in Zusammenhang mit der PMI besteht darin, dass Ärzte meist monokausal denken und versuchen, „die“ Fehlfunktion des Praxismanagements zu identifizieren. Praxisführung ist jedoch ein multifaktorielles Geschehen, das in seiner Gesamtheit untersucht werden muss, denn die Erfahrung zeigt, dass es nie „die eine“ Ursache gibt.

Praxismanagement-Insuffizienz und Digitalisierung

Weiterführende Informationen zu diesem Zusammenhang beschreibt das White Paper: „Die Auswirkungen der Praxismanagement-Insuffizienz auf die Digitalisierung von Haus- und Facharztpraxen“.