Ungenutzte Möglichkeiten des Praxismanagements: KPI-Analyse zeigt ausbaufähige Planungs-Aktivitäten bei Haus- und Fachärzten

Worum es geht

Praxismanagement-Betriebsvergleiche zeigen, dass in deutschen Arztpraxen – über alle Fachgruppen betrachtet – durchschnittlich nur 53% der für ein reibungslos funktionierendes Praxismanagement notwendigen Regelungen und Instrumente eingesetzt werden. Die hieraus resultierende Patientenzufriedenheit erfüllt lediglich 61% der Anforderungen und Wünsche. Ein defizitärer Aktionsbereich der Praxisführung mit ungenutztem Potenzial ist die Planung. Wird es aktiviert, verbessern sich Produktivität, Arbeitsqualität, Patientenbindung und -gewinnung sowie der Praxiserfolg nachhaltig.

Der Planning Management Score (PMS)

Mithilfe der Planung koordinieren, steuern und kontrollieren Ärzte die Arbeit ihrer Praxisunternehmen. Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft für einige Fachrichtungen den Key Performance Indikator „Planning Management Score (PMS)“, der aus der Gegenüberstellung der Anforderungen an eine professionelle Praxis-Planung, dem Best Practice-Standard und den realen Gegebenheiten in den Praxen resultiert:

Fachgruppe PMS
Allgemeinärzte 23%
Augenärzte 46%
Frauenärzte 37%
Internisten 42%
Orthopäden 34%
Tabelle 1: Der Planning Management Score (PMS) ausgewählter Fachrichtungen

Je nach Ausprägung der Aktivitäten klassifiziert der Score die Planung als

  • vollständig
  • auf Einzelbereiche bezogen
  • oberflächlich und
  • unzureichend.

Über alle deutschen Praxen betrachtet indiziert der Wert die Planungs-Aktivitäten des Durchschnitt-Betriebs als oberflächlich.

In folgenden Bereichen bestehen Verbesserungs-Möglichkeiten:

Praxisziele

Ziele sind vorweggenommene Vorstellungen, die Praxisinhaber über das Ergebnis ihrer Praxistätigkeit entwickeln.

Sie geben Antwort auf die Frage „Was will ich mit meiner Praxisarbeit erreichen?“ und müssen unter Beachtung der jeweiligen Praxisperspektive (Halten, Wachsen, Reduzieren) für jeden Bereich des Praxismanagements, z. B. in Form von Arbeitszielen für die Mitarbeiterinnen, definiert werden.

Zielformulierung

Damit Praxisziele helfen, die Arbeit zu koordinieren, zu steuern und zu kontrollieren, benötigen die Zieldefinitionen eine ganz bestimmte Gestaltungsform:

  • Sie müssen auf ein oder mehrere Bezugsobjekte konkret spezifiziert werden. So genügt es z.B. nicht, wenn man ein Ziel wie „Die Praxis soll besser laufen“ formuliert. Zwar wird eine Zielrichtung vorgegeben („besser laufen“), aber das Bezugsobjekt („die Praxis“) ist viel zu allgemein, als dass Maßnahmen zur Erreichung des Ziels abgeleitet werden könnten.
  • Es werden eindeutige Maßgrößen benötigt, mit deren Hilfe die beabsichtigten Resultate überprüfbar sind. Hierfür eignen sich Wertgrößen (z.B. Umsatz, Scheinzahl, Anzahl Patienten / Stunde o.ä.), aber auch qualitative Parameter wie z.B. den Grad der Patientenzufriedenheit, die Bekanntheit, das Image oder die Einstellungen von Patienten zur Praxis.
  • Ziele erfordern Realismus. Sind sie zu hoch angesetzt, werden sie von den Mitarbeiterinnen abgelehnt. Sind sie zu niedrig, werden sie nicht ernstgenommen.
  • Des Weiteren benötigt eine Zieldefinition unbedingt eine Beschreibung der beabsichtigten, vom Ist-Zustand aus gesehenen Veränderung und der hierfür benötigten Zeit. Ist dieser Zielhorizont langfristig ausgerichtet (ein Jahr und mehr), spricht man von strategischen Generalzielen. Diese sind aufgrund ihres Zeithorizontes allgemein gehalten und dienen als Orientierungshilfen für den generellen Zielerreichung-Grad. Die Generalziele setzen sich aus weiteren, mittel- bis kurzfristig ausgelegten, operational-taktischen Teilzielen zusammen. Mit diesen legt man die Teilschritte zur Erreichung der strategischen Ziele fest. Gleichzeitig dienen sie als Kontrollinstrument für den Erfolg der kurzfristigen Praxisarbeit.
  • Unabdingbar ist die Benennung eines für die Zielerreichung Verantwortlichen. Dies trifft weniger auf die General- als auf die Teilziele zu, die im Zuge der Delegation von Aufgaben an die Mitarbeiter „weitergeben“ werden.
  • Ziele sind jedoch keine für immer fixierten Größen. Sie müssen regelmäßig überprüft und den internen und externen Veränderungen entsprechend angepasst werden. In manchen Fällen genügt es, das eine oder andere Teilziel zu modifizieren, in anderen Fällen kann es auch notwendig werden, ein ganzes Globalziel und alle Teilziele zu ändern.

Praxisstrategie

Mithilfe der qualitativ ausgerichteten Praxisstrategie werden die Wege und Mittel beschrieben, mit deren Hilfe diePraxisziele erreichen werden sollen. Die Strategie ist – wie die Ziele – kein feststehendes Konstrukt, sondern muss sich der Entwicklung der Praxis und des Umfeldes anpassen. Zu diesem Zweck ist es notwendig, regelmäßige Kontrollen durchzuführen und die Strategie anzupassen.

Zwei Interpretations-Welten

Die Interpretationen des Begriffs „strategisches Denken“ liegen bei niedergelassenen Ärzten weit auseinander: für die einen ist es ein Kaffeesatz-basiertes Stochern im Nebel, für andere eine Kunst, die nur wenige beherrschen.

Förderung des proaktiven Handelns

Doch beide Auslegungsarten beschreiben das Wesen und vor allem die Umsetzung nur unzureichend. Strategisches Denken bezeichnet eine vorausschauende Grundhaltung. Hierbei wird versucht, perspektivisch die Folgen von Handlungen oder Entwicklungen in ihren Auswirkungen durch die Bildung von Annahmen, deren Verdichtung zu Hypothesen und die Ableitung von Szenarien zu antizipieren.

Das Ziel ist, die Praxisarbeit nicht passiv an die jeweils herrschenden Gegebenheiten anpassen zu müssen, sondern aktiv und vorausschauend handeln zu können.

Einfache Fragen führen zum Erfolg

Strategisches Denken ist in der Umsetzung pragmatisch am Tagesgeschäft orientiert und sucht nach Antworten auf Fragen wie z. B:

  • Was bedeutet die unveränderte Fortführung erkannter Schwächen der Praxisleistung?
  • Welchen Einfluss hat die gegenwärtige Online-Reputation auf den zukünftigen Praxiserfolg und wie müsste / sollte sie entwickelt werden?
  • Gibt es bislang wenig berücksichtigte Zielgruppen, die für aber für das Leistungsspektrum wichtiger werden können?
  • Sind Veränderungen im Praxisumfeld zu erwarten, die die Arbeit beeinflussen werden?

Es geht auch ohne Strategie, aber…

…in diesem Fall muss man als Praxisinhaber auf mehr als ein Drittel Praxisgewinn verzichten.

Dieses Durchschnitts-Resultat ergibt sich, wenn man die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse vergleichbarer Praxisbetriebe einander gegenüberstellt, die über eine Unternehmensplanung verfügen bzw. nicht.

Die Gründe: Praxisinhabern, die für ihre Arbeit keinen Orientierungsrahmen entwickeln,

  • fehlt es an einer optimierten Leistungsstruktur und -tiefe,
  • die Ressourcen werden falsch dimensioniert und inadäquat eingesetzt,
  • ein Monitoring und Controlling von In- und Output ist nicht möglich,
  • Erfolgsfaktoren sind deshalb nicht identifizierbar, Defizite können nicht konsequent beseitigt werden.

Weniger Stress

Das Gefühl von Arbeitsdruck und Stress ist bei Nicht-Planern überproportional höher als bei ihren mit System arbeitenden Kollegen, Team-Zusammenhalt, Arbeitsmotivation und Produktivität der Medizinischen Fachangestellten sind zudem besser ausgeprägt. Und nicht zuletzt wird ein deutlich größerer Anteil der Patientenanforderungen auch nachhaltig erfüllt.

Strategie-Hilfe SWOT

Ein zur Identifizierung der für die Strategie-Entwicklung einer Praxis relevanten Fragen einfach einzusetzendes, aber bislang nur von weniger Ärzten verwendetes Instrument ist die SWOT-Analyse:

  • „S“ steht dabei für „Strengths“,
  • „W“ für „Weaknesses“. Hinzu kommt eine Erweiterung um eine perspektivische Beurteilung der Chancen eines Unternehmens
  • „O“ steht für „Opportunities“ sowie seiner potentiellen Bedrohungen
  • „T“ steht für „Threats“.

Die Angaben über Stärken und Schwächen sind auf die Gegenwart und auf alle durch ein Praxisteam veränderbaren Dinge bezogen, die Annahmen über Chancen und Bedrohungen sind auf die Zukunft und die Punkte, die außerhalb der direkten Einflussmöglichkeit liegen, gerichtet.

Die SWOT-Analyse ist deshalb so beliebt, weil sie nicht nur durch die Form eines Aufschreibe-Verfahrens unkompliziert anzuwenden ist – man notiert die auf die eigene Praxis zutreffenden Aspekte einfach, sondern vor allem, weil sie demjenigen, der sie für sein Praxisunternehmen anwendet, ins Nachdenken bringt.

Ziel der SWOT-Analyse ist, dass die Praxisarbeit einmal in ihrer Gesamtheit und aus einer Distanz betrachtet wird.

Besonders aussagekräftig wird die Analyse, wenn auch die Medizinischen Fachan-gestellten gebeten werden, SWOT-Aspekte aufzulisten, um so zu einer Gesamtsicht zu gelangen.

Gefahr Fließband-Betrieb

Das gilt allerdings nur dann, wenn die operative Umsetzung der Strategie genügend Freiräume für eine individuelle Patientenorientierung lässt, denn in manchen Fällen wird die Planungsintensität so weit entwickelt, dass sie den Patientenbezug als Leitprinzip verdrängt. Derartige Praxen arbeiten zwar immer noch deutlich profitabler als Betriebe ohne Strategie, haben jedoch eine sehr hohe Patienten-Fluktuation, die durch ihre Unkalkulierbarkeit deutlichen Einfluss auf die Produktivität hat.

Positionierung

Unter der Positionierung Ihrer Praxis versteht man die Identität, mithilfe der Ärzte sich in den Augen ihrer Patienten von anderen Praxen unterscheiden möchten.

Sie besteht aus

  • materiellen Bausteinen – z. B. die Art des Leistungsangebots oder die ​Gestaltung der Praxisräume – und
  • immateriellen Elementen, z. B. der Freundlichkeit Ihres Personals oder der Intensität Ihrer Patientengespräche.

Zielgruppen

Zielgruppen sind die mit Ihrem Leistungsangebot anzusprechenden Patientenkreise.

Sie können medizinisch definiert sein, z. B. ​nach Krankheitsbildern, aber auch demographisch (Rentner, junge Patienten) oder nach anderen Kriterien (Bereitschaft zur Selbstzahlung, Interesse an Naturheilverfahren etc.). Je genauer die Zielgruppen definiert sind, desto besser kann die Praxisstrategie hiernach ausgerichtet werden.

Unlocking Potentials

Haus- und Fachärzte, die die nur die Planung, sondern auch die übrigen Aktionsbereiche ihrer Praxisführung untersuchen möchten, können hierfür den Praxismanagement-Betriebsvergleich© nutzen. Die ohne die Notwendigkeit eines Vor-Ort-Beraters durchführbare validierte Untersuchung benötigt nur dreißig Minuten ärztlicher Arbeitszeit und ermittelt durchschnittlich vierzig Vorschläge zur Verbesserung von Praxisarbeit.