Worum es geht
Die Metapher der mittelalterlichen Hexenverbrennung beschreibt eine Fehlerkultur, die bedauerlicherweise auch heute noch in vielen Arztpraxen präsent ist. Dabei liegt der Fokus nicht auf den Ursachen, sondern vielmehr auf den Verursachern von Fehlern. Diese Fehlerkultur ist nicht darauf ausgerichtet, aus Pannen zu lernen, sondern sie sucht lediglich nach Schuldigen, die zur Rechenschaft gezogen werden sollen.
Die Suche nach den „Hexen“
In mittelalterlichen Hexenprozessen stand nicht das Verstehen im Vordergrund, sondern die Suche nach Schuldigen, die den Erwartungen eines übergeordneten Narrativs entsprachen. Das lässt sich mit der Fehlerkultur in vielen Arztpraxen vergleichen, in denen Fehler als Ausdruck von Gleichgültigkeit oder mangelnder Sorgfalt betrachtet werden. Praxisinhaber reagieren emotional und identifizieren schnell Schuldige, ohne die tatsächlichen Gründe für Fehler zu ergründen.
Negative Aspekte dieser Fehler-Unkultur
Die Auswirkungen dieser Fehlerkultur sind vielfältig und schädlich für eine Arztpraxis:
- Das Personal arbeitet in ständiger Angst vor Bestrafung. Fehler sind unvermeidlich, aber wenn jede Abweichung von der Norm Sanktionen nach sich zieht, wird ein Klima der Unsicherheit geschaffen. Das führt dazu, dass Mitarbeiter ihre Fehler verbergen oder verschleiern.
- Anstatt aus Fehlern zu lernen, wird in einer solchen Kultur die Möglichkeit zur Verbesserung untergraben. Mitarbeiterinnen, die sich auf die Suche und Umsetzung nach Lösungen konzentrieren sollten, verschwenden stattdessen Energie darauf, Fehler zu vertuschen oder Schuld auf andere abzuwälzen.
- Wenn die Schuldfrage im Mittelpunkt steht, wird Teamarbeit erschwert. Ein ständiger Fokus auf individuelle Verantwortlichkeit führt dazu, dass sich Mitarbeiter gegeneinander wenden, um sich selbst zu schützen.
- Hoch qualifizierte und engagierte Medizinische Fachangestellte, die von dieser fehlerhaften Kultur betroffen sind, sind schneller bereit, ein derartiges negatives Arbeitsumfeld zu verlassen. Es entsteht eine Fluktuation, die die Leistungsfähigkeit und Kontinuität des Praxisbetriebs beeinträchtigt.
- Die Abwesenheit eines offenen und konstruktiven Umgangs mündet zwangsläufig in Stagnation. Qualitätsverbesserungen bleiben aus, da das Verständnis für die Ursachen von Fehlern fehlt.
Fazit
Die Metapher der Hexenverbrennung ist ein eindringliches Bild für eine falsche Fehlerkultur, die sich in vielen Arztpraxen findet. Die Angst vor Bestrafung lähmt die Bereitschaft der Mitarbeiter, aus Fehlern zu lernen und führt zu einer Grundhaltung des Verbergens und Vermeidens. Dies hat weitreichende negative Konsequenzen für die Qualität und Effektivität des Praxismanagements und kann nur durch einen grundlegenden Wandel in der Einstellung zu Fehlern überwunden werden.
Feedback-Gespräche und positive Fehlerkultur in Arztpraxen
Feedback-Gespräche bieten eine strukturierte Möglichkeit, Fehler und deren Ursachen in einem sicheren Umfeld zu diskutieren. Diese Gespräche unterstützen die positive Fehlerkultur in mehreren Aspekten:
- Förderung von Transparenz und Vertrauen
- Vertrauensbildung
- Ermutigung zur Selbstreflexion
- Lernen und kontinuierliche Verbesserung
- Unterstützung von Teamdynamik und Zusammenarbeit
- Abbau von Angst und Schuldgefühlen.
Mit diesen Effekten stellen Feedback-Gespräche ein effektives Instrument zur Förderung einer positiven Fehlerkultur in Arztpraxen dar. Sie schaffen Transparenz, fördern das Lernen und tragen zu einem gesunden Arbeitsumfeld bei, in dem Fehler als Chance für Wachstum und Verbesserung betrachtet werden. Durch die systematische und wertschätzende Auseinandersetzung mit Fehlern tragen sie entscheidend dazu bei, die Qualität der Patientenversorgung und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Literatur zum Thema
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