Teamwork in der Arztpraxis: Wie der KPI für die Teamarbeit und die Besprechungs-Qualität zusammenhängen

Worum es geht

Die Key Performance Indikatoren (KPI) des Führungsbereichs weisen für Arztpraxen aus, dass kaum echte Teams dort arbeiten, sondern lediglich Gruppen. Deren Kollaboration fehlen jedoch wesentliche Aspekte, die die Effizienz und Produktivität der Arbeit gewährleisten. Ein Grund hierfür sind u. a. fehlende oder schlecht umgesetzte Praxisbesprechungen.

KPI-basierte Teamführung in Arztpraxen

KPI sind Kenngrößen, die durch den Vergleich (Benchmarking) der Praxismanagement-Daten einer Praxis mit objektiven und repräsentativen Messgrößen entstehen.

So gelingt es nicht nur, Art und Intensität der eingesetzten Regelungen zur Praxisführung zu erfassen, sondern auch ihre Wirkungen.

Wer seine Mitarbeiter als Team nachhaltig erfolgreich führen möchte, benötigt Wissen – und keine Annahmen – über folgende Sachverhalte und KPI:

  • Team Experience Portfolio (TEP)

Wie sieht das aktuelle Selbstbild der Team-Mitglieder aus, gegliedert in eine Beschreibung der Stärken, Schwächen, Bedrohungen und Chancen als Resultat der bisherigen Kooperations-Erfahrungen?

  • Overal Team Satisfaction (OTS)

Wie bewerten die Mitarbeiter generell ihren Handlungsrahmen im Vergleich mit ihren Anforderungen?

  • Team Harmony Balance (THB)

Wie ausgeprägt ist der Grad der Übereinstimmung unter den Team-Mitgliedern bei der Bewertung ihres Arbeitsrahmens? Die Information kann auch als

Indikator für das teaminterne Konfliktpotenzial herangezogen werden.

  • Teamwork Quality Score (TQS)

Wie weit ist die Kooperationsqualität im Sinne der Umsetzung „echter“ Teamarbeit ausbildet? Oftmals interagieren die Mitglieder nämlich nur als Gemeinschaft, Gruppe oder Zweckverbund.

  • Return on Management (ROM)

Welchen Wirkungseinfluss haben die Teambuilding-Maßnahmen auf die Teamwork-Qualität?

  • Team Development-Optionen (TDO)

Welche Ideen und Anregungen existieren aus Mitarbeitersicht, die dazu beitragen, die Teamarbeit weiter zu verbessern.

TQS als zentrale Größe

Setzt man die Bewertungen der Mitarbeiter zur Kooperationsqualität in Relation zum Best Practice-Standard, d. h. den Grundanforderungen an eine optimal funktionierende Zusammenarbeit, lässt sich über den hieraus resultierenden Teamwork Quality Score (TQS) eine Beurteilung der Kollaborations-Qualität Ihres Personals ableiten. Hierbei gelten folgende Kriterien:

  • TQS > 80%: Team

Die Zusammenarbeit in Team-Form ist durch gemeinsame Ziele, eine weitgehend autonome Aufgabenerledigung, gegenseitige Ergänzung und Unterstützung sowie durch eine Selbststeuerung zur Lösung von Problemen und eigeninitiativ entwickelte Maß-nahmen zur Verbesserung des Arbeitsergebnisses charakterisiert.

  • TQS > 60% bis <= 80%: Gemeinschaft

Sie ist ein Mix aus den Eigenschaften der Gruppe und des Teams, es fehlen aber noch entscheidende Aspekte in der Zusammenarbeit, um eine vollständige Synergie der Zusammenarbeit zu erreichen, die die Produktivität und Effizienz eines Teams ausmachen

  • TQS > 40% bis <= 60%: Gruppe

Zusammenarbeit, die in diesen Bereich fällt, ist durch eine geringe Synergie der Einzelaktivitäten geprägt: man arbeitet miteinander, aber immer nur in dem Rahmen, der vorgegeben ist. Eigeninitiative oder ein Aushelfen bei Problemen sind eher selten. Das Miteinander ist zudem häufig durch ungelöste Konflikte geprägt. Zwar strebt jede Medizinische Fachangestellte danach, ihre Aufgaben gut zu erledigen, ein nachhaltiges Engagement zu steter Verbesserung existiert jedoch nicht.

  • TQS 0 bis 40% Zweckverbund

Hier ist die Arbeitsleistung durch „Dienst nach Vorschrift“ und „Einzelkämper-Verhalten“ geprägt.

Die aktuelleTeamwork-Qualität

In Arztpraxen liegt – über alle Fachgruppen betrachtet – der aktuelle durchschnittliche Teamwork Quality Score (TQS), die Kennziffer, die die Relation der MFA-Zufriedenheit mit den Determinanten der Zusammenarbeit und ihren Anforderungen beschreibt, bei 43,7% (Optimum: 100%), d. h. die Teamharmonie ist nur gering ausgeprägt.

Ein Grund hierfür sind u. a. fehlende oder schlecht umgesetzte Praxis-Besprechungen.

Besprechungen sichern die Arbeitsqualität

Besprechungen zwischen Medizinischen Fachangestellten und Ärzten sind für die Arbeit in Arztpraxen unverzichtbar, um die organisatorischen Anforderungen adäquat bewältigen und die Patientenbetreuung nachhaltig optimieren zu können. Ihr Effekt hängt – wie bei allen Besprechungen – von der Qualität der Zusammenkünfte ab.

Leer-Container vs. Intensiv-Meeting

Untersucht man mit dem Meet & Rate-System, einem einfach anzuwendenden Bewertungsverfahren, mit dessen Hilfe Besprechungsteilnehmer ihre Eindrücke über die Zusammenkünfte dokumentieren und quantifizieren können, die Besprechungen in Arztpraxen, ergibt sich ein interessantes Bild:

der Meeting Quality Score (MQS, das Verhältnis der Zufriedenheit mit einer Besprechung in Relation zu den Erwartungen, 100% = Optimum) liegt aus Sicht der Medizinischen Fachangestellten bei durchschnittlich 38,6%, aus der Perspektive der Praxisinhaber hingegen im Mittel bei 78,4%.

Nach der Meet & Rate-Klassifikation

  • größer 80%: Produktivitäts-Booster,
  • 60% bis 80%: Intensiv-Meetings,
  • 40% bis 60%: Leer-Container,
  • 0% bis 40%: Desaster-Events

stehen sich damit die Beurteilungen von Desaster-Events und Intensiv-Meetings gegenüber.

Ärztliche Dominanz

Die Gründe, die zur Beurteilung der Fachangestellten führen, sind über alle Praxisbetriebe weitgehend identisch:

  • zu geringe Berücksichtigung der von den Helferinnen als wichtig erachteten Themen,
  • geringe Möglichkeit, die Besprechungen organisatorisch und inhaltlich mitzugestalten,
  • nur wenig Verbindlichkeit des Besprochenen,
  • mehr ärztliche Monologe als Team-Dialoge,
  • Dominanz negativ gefärbter Themen der Ärzte (Fehler, Ärgernisse etc.)
  • kaum Berücksichtigung von Veränderungs- und Verbesserungsvorschlägen.

Die Praxisinhaber sehen diese Probleme jedoch nicht: für sie sind die Besprechungen erfolgreich verlaufen, wenn sie ihre Punkte abgehandelt haben und die Meetings danach möglichst schnell beendet werden, um so nur wenig Arbeitszeit zu verlieren.

Planung und Durchführung produktiver Team-Besprechungen

Die Praxisbesprechung ist sowohl ein Organisations- als auch ein Führungsinstrument, denn sie ermöglicht,

  • zeitnah und konkret alle für einen reibungslosen Praxisbetrieb wichtigen Punkte zu besprechen,
  • bei Bedarf gemeinsam Problemlösungen zu entwickeln, die von allen getragen werden und für alle verbindlich sind,
  • das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen gezielt zu nutzen,
  • über die Einbeziehung des Personals Arbeitszufriedenheit und Motivation zu erhöhen sowie das Betriebsklima zu optimieren.

Zudem wird der Praxisinhaber entlastet, da er deutlich weniger Entscheidungen „Kraft seines Amtes“ treffen muss.

Die Bausteine professioneller Praxis-Meetings

Mithilfe der folgenden Regelungen lassen sich die genannten Vorteile gezielt nutzen:

Regelmäßige Durchführung

Von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg ist ein fester Turnus, z. B. alle vier bis sechs Wochen. Findet eine Besprechung immer nur dann statt, wenn sie sich nicht mehr aufschieben lässt, dominieren meist Probleme die Besprechung-Inhalte. Solche negativen Vorzeichen wirken sich jedoch sofort auf die Motivation der Teilnehmer und auf die Grundstimmung des Meetings aus. Dieser Effekt kann nur durch eine fixe Institutionalisierung vermieden werden. Zudem ist gewährleistet, dass die Praxisbesprechung einen engen zeitlichen Bezug zur Praxisarbeit hat. Am besten wird eine Terminplanung für ein halbes Jahr im Voraus erstellt, ergänzt um die Festlegung einer verantwortlichen Besprechungsleiterin für jedes Treffen, die die Meetings vorbereitet, leitet und protokolliert (Rotationsverfahren).

Integration des gesamten Praxisteams

Unerlässlich ist, dass alle – Arzt / Ärzte und Mitarbeiterinnen – anwesend sind. Ausgrenzungen, z. B. von Auszubildenden, führen zu einem „Zwei-Klassen-Team“ und beeinflussen zudem das Kooperation-Klima negativ. Nur wenn alle teilnehmen, können die Ziele von Besprechungen – Optimierung des Informationsflusses und aktive Beteiligung aller an der Gestaltung der Praxisprozesse – erreicht werden.

Agenda erstellen

Viel Zeit verstreicht in Praxisbesprechungen unproduktiv, wenn sich die Teilnehmer erst zu Beginn der Sitzung Gedanken über die möglichen Besprechungsthemen machen. Besser ist es deshalb, wenn die jeweils für die Besprechung Verantwortliche eine Woche vorher bei allen Teilnehmern die für wichtig gehaltenen Inhalte sammelt oder eine Liste ausgelegt wird, in die die anzusprechenden Sachverhalte eingetragen werden.

Als Resultat ergibt sich automatisch eine Agenda, die das Treffen inhaltlich strukturiert. Hilfreich ist, wenn die Teilnehmer jedem Thema auch eine Priorität zuordnen (z. B.: A = dringend, B = wichtig, C = hat Zeit) machen, damit bei Zeitmangel weniger dringliche Punkte auf kommende Sitzungen verschoben werden können.

Diese Agenda wird dann als Programm an alle Teilnehmer ausgegeben oder auf ein Flipchart-Poster übertragen, auf dem die jeweils erledigten Punkte abgehakt werden können.

Dauer festlegen

Ein fester zeitlicher Rahmen, z. B. maximal 1,5 Stunden ermöglicht es, die Konzentration auf die Abarbeitung der Agenda zu fokussieren und auch mögliche ausufernde Diskussionen zu vermeiden. Zudem wird es allen Teilnehmer möglich, die Meeting-Zeit in ihrem jeweiligen Arbeitsrahmen einzuplanen. Die Besprechungsleitung ist für die konsequente Einhaltung des Zeitplans verantwortlich.

Gesprächsatmosphäre schaffen

Um eine offene Atmosphäre herzustellen, kann die Besprechung beispielsweise im Wartezimmer (Kreisbestuhlung) stattfinden. Ebenso sollten einige Getränke bereitstehen. Auf keinen Fall ist es empfehlenswert, die Praxisbesprechung mit der Mittagspause zu verbinden, da dann die Konzentration deutlich eingeschränkt ist.

Für Störungsfreiheit sorgen

Die Besprechung darf nicht durch Telefonate (Praxis- und Mobiltelefon) gestört werden, ebenso ist zu vermeiden, dass einzelne Teilnehmer die Besprechung zur Erledigung von Aufgaben zeitweise verlassen.

Diskussion im Team

Alle Mitarbeiterinnen, auch Schüchterne, müssen in die Runde einbezogen werden, notfalls können sie freundlich gebeten werden, ihre Meinung zu äußern.

Probleme und Fehler adäquat ansprechen

  • Unangenehme Punkte sollten immer neutral und offen eingeleitet werden, direkte Beschuldigungen und Auseinandersetzungen sind zu vermeiden.
  • Spannungen lassen sich durch Humor und Freundlichkeit abbauen.
  • Kritik sollte immer sachlich, nicht emotional erfolgen und sich mit Lob und Anerkennung die Waage halten.
  • Keine „Jagd“ nach dem Schuldigen, sondern nach der Ursache suchen (Motto: „Jeder Fehler ist eine Möglichkeit, noch besser zu werden.“).

Protokollierung der Ergebnisse

Team-Meetings führen zu Verbesserungen des Arbeitsalltages, wenn jeder Agenda-Punkt mit einem konkreten Ergebnis abgeschlossen wird, d. h. wenn zu jedem Thema dokumentiert ist, wer was bis wann mit welchem Ergebnis tun soll. Die Besprechungsleitung fasst alle Ergebnisse schriftlich in einem Protokoll zusammen, von dem jeder Teilnehmer eine Kopie erhält und das für jeden handlungsverbindlich ist. Zu Beginn der nächsten Folgebesprechung erfolgt dann eine Kontrolle der Ausführung.

Der TeamworkCheck

Haus- und Fachärzte, die die ihre Teamführung, aber auch die übrigen Aktionsbereiche ihrer Praxisführung untersuchen möchten, können hierfür den Praxismanagement-Betriebsvergleich© nutzen. Die ohne die Notwendigkeit eines Vor-Ort-Beraters durchführbare validierte Untersuchung benötigt nur dreißig Minuten ärztlicher Arbeitszeit und ermittelt durchschnittlich vierzig Vorschläge zur Verbesserung von Praxisarbeit.