Worum es geht
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) stellen einen innovativen Ansatz in der modernen Medizin dar, der das Potenzial hat, die Patientenversorgung maßgeblich zu verbessern. Die Auswahl von Patienten für die Verordnung solcher Anwendungen sollte auf objektiven Kriterien basieren. Der Bestätigungsfehler, bei dem Ärzte an vorgeformten Meinungen festhalten, kann diese Auswahlprozesse jedoch negativ beeinflussen.
Definition des Bestätigungsfehlers
Der Bestätigungsfehler bezeichnet die Tendenz, Informationen so auszuwählen, zu interpretieren und zu erinnern, dass sie eigene Vorannahmen oder Überzeugungen bestätigen. In der medizinischen Praxis bedeutet das, dass Ärzte unbewusst jene Daten bevorzugen, die ihre bestehenden Ansichten über bestimmte Behandlungsmethoden oder Patientengruppen unterstützen.
Gründe für den Bestätigungsfehler
Der Bestätigungsfehler ist in Arztpraxen eine weitverbreitete Vorgehensweise, hauptsächlich aufgrund der menschlichen Psychologie und der spezifischen Arbeitsbedingungen von niedergelassenen Ärzten. Hier sind einige Gründe dafür:
Menschliche Natur
Der Bestätigungsfehler ist ein grundlegendes Element menschlicher Kognition und ein unbewusster Prozess, der Entscheidungsfindung in vielen Lebensbereichen beeinflusst.
Erfahrung und Expertise
Niedergelassene Ärzte stützen sich oft auf ihre langjährige Erfahrung und klinische Expertise. Das ist einerseits wertvoll, kann aber auch dazu führen, dass sie an bewährten Ansätzen festhalten und neue Informationen oder Perspektiven, die ihren Überzeugungen widersprechen, übersehen oder sie ignorieren.
Zeitdruck und Arbeitsbelastung
In vielen Arztpraxen herrschen Zeitdruck und eine hohe Arbeitsbelastung. Unter solchen Umständen greifen Ärzte gerne auf Heuristiken oder mentale Abkürzungen zurück, die den Bestätigungsfehler verstärken können.
Komplexität und Unsicherheit medizinischer Informationen
Die Medizin ist ein Feld mit hoher Unsicherheit und Komplexität. Ärzte müssen oft Entscheidungen auf der Grundlage unvollständiger Informationen treffen, was zu einer stärkeren Abhängigkeit von bestehenden Überzeugungen und Erfahrungen führt.
Patientenerwartungen und -feedback
Erhalten Ärzte oft positives Feedback von Patienten, wenn ihre Diagnosen und Behandlungen erfolgreich sind, kann das die Wahrnehmung verstärken, dass ihre bestehenden Ansichten und Methoden korrekt sind, und dazu führen, dass sie alternative Ansätze weniger in Betracht ziehen.
Bestätigung durch Kollegen und Fachliteratur
Niedergelassene Ärzte orientieren sich oft an den Meinungen und Praktiken ihrer Kollegen sowie an etablierten Standards in der medizinischen Fachliteratur. Daraus eine Gruppenkonformität resultieren, bei der abweichende Meinungen oder neue Erkenntnisse weniger Beachtung finden.
Auswirkungen auf die Auswahl von Patienten für DiGA
Verzerrte Patientenauswahl
Ein Arzt, der von der Unwirksamkeit digitaler Anwendungen bei älteren Patienten überzeugt ist, wird diesen Zielpersonen, obwohl sie möglicherweise von DiGA profitieren und mit ihr umgehen könnten, keine Anwendungen verordnen.
Vernachlässigung individueller Patientenbedürfnisse
Bestätigungsfehler sind auch die Ursache dafür, dass Ärzte die individuellen Bedürfnisse und Präferenzen ihrer Patienten übersehen. Beispielsweise könnte ein Arzt fälschlicherweise annehmen, dass Personen mit geringen technischen Kenntnissen nicht in der Lage sind, eine DiGA zu nutzen, obwohl viele dieser Anwendungen benutzerfreundlich gestaltet sind.
Hemmung der Innovations-Akzeptanz
Halten Mediziner an traditionellen Behandlungsmethoden fest und lehnen innovative Ansätze wie DiGA aufgrund von Bestätigungsfehlern ab, wird die Integration neuer Technologien in die Patientenversorgung gehemmt. So kommt es zu einer verzögerten oder unzureichenden Nutzung effektiver digitaler Lösungen.
Beeinträchtigung der Behandlungsqualität
Indem Ärzte ihre Entscheidungen auf vorgefassten Meinungen basieren, ist es wahrscheinlich, dass die Qualität der Patientenbehandlung beeinträchtigt wird. DiGA, die effektiv für bestimmte Erkrankungen sein könnten, kämmen möglicherweise nicht in Betracht, wodurch Patienten wirksame Behandlungsoptionen entgehen.
Verstärkung bestehender Ungleichheiten
Bestätigungsfehler verschärfen bestehende Ungleichheiten im Gesundheitssystem, indem bestimmte Patientengruppen systematisch von der Verordnung von DiGA ausgeschlossen werden. Dies betrifft häufig Minderheiten, ältere Menschen oder Patienten mit niedrigerem sozioökonomischen Status.
Fazit
Der Bestätigungsfehler stellt eine signifikante Herausforderung in der Verordnung von DiGA dar. Nur durch die Überwindung des Bestätigungsfehlers kann die volle Bandbreite und das Potenzial digitaler Gesundheitsanwendungen zum Wohle der Patienten effektiv genutzt werden.